Jacob Philipp Hackert - Landschaft mit sizilianischen Tempeln - image-1

Lot 1125 Dα

Jacob Philipp Hackert - Landschaft mit sizilianischen Tempeln

Auktion 1087 - Übersicht Köln
20.05.2017, 11:00 - Alte Kunst
Schätzpreis: 130.000 € - 160.000 €
Ergebnis: 148.800 € (inkl. Aufgeld)

Jacob Philipp Hackert

Landschaft mit sizilianischen Tempeln

Öl auf Leinwand (doubliert). 99,6 x 132,6 cm.
Signiert und datiert unten links: Ph. Hackert pinx: Roma 1779.

Im April des Jahres 1777 brach Jacob Philipp Hackert von Rom nach Süditalien auf. Zwei Jahre später entstand dieses Gemälde, das antike Monumente Siziliens in einer weiten Landschaft zeigt. Das Gemälde besticht durch seine malerische Qualität, die den Künstler auf der Höhe seines Schaffens zeigt, ebenso wie durch seinen außergewöhnlich guten Erhaltungszustand.
Die Reise im Jahr 1777 führte Hackert nach Paestum und Sizilien, u.a. nach Agrigent, Syrakus, Segesta und Selinunt. Der Künstler reiste nicht allein, sondern in Begleitung zweier englischer Gentlemen - beide vermögend, gebildet, kunstsinnig und über alle Maßen enthusiastisch. Der eine war Charles Gore, ein Schriftsteller, Archäologe und Maler, der andere Richard Payne Knight, der ebenfalls zahlreiche Talente in sich vereinigte, als Kunsttheoretiker etwa den für die englische Ästhetik der Zeit zentralen Begriff des „Picturesque“ prägte. Hackert, Gore und Knight erkundeten gemeinsam die antiken Monumente; Hackert hielt sie in Aquarellen fest (vgl. Abb. 1), Gore und Knight vermaßen und beschrieben sie. Johann Wolfgang von Goethe sollte den Reisebericht Richard Payne Knights vollständig in seiner Hackert-Biographie abdrucken. Dieser Bericht ist ein faszinierendes Zeugnis des ästhetischen Erstaunens und Entzückens, das die drei Reisenden immer wieder ergriff angesichts einer Antike, die völlig anders war als jene, die sie in der Ewigen Stadt kenngelernt hatten: „Nähert man sich, so erstaunt man über den Anblick des edlen Tempels“ heißt es etwa über den Tempel von Segesta, und über den Tempel der Juno Lacinia von Agrigent: „Die (…) Ansicht des Junotempels ist so mahlerisch, als man sich wünschen kann.“ Bei der Besteigung des Ätnas und dem Anblick der Landschaft unter ihnen überkam die Reisenden ein Gefühl der Erhabenheit: „Die Aussicht (…) ist über alle Beschreibung oder Einbildung. (…) Ich fühle mich über die Menschheit erhoben.“

Hackert stellt in diesem Gemälde die Ruinen des Junotempels in Agrigent auf einem Hügel oben rechts dar, darunter, an einem großen See, den Tempel von Segesta. Am Horizont, jenseits einer Meeresbucht, sieht man einen Vulkan, der augenscheinlich dem Ätna nachempfunden ist. So vereint Hackert die antiken Monumente in einer Landschaft, deren Komposition auf gekonnte Weise den Blick des Betrachters über die weite Ebene zu den antiken Ruinen schweifen lässt. Wie Hackert die Bildebenen durch den See und die Bucht staffelt und den Blick des Betrachters lenkt; wie er durch den großen Baum im Vordergrund mit einem einzigen Bildelement Tiefenräumlichkeit schafft; oder wie er durch das warme Abendlicht und die Schäfer im Vordergrund das arkadische Italien evoziert - all das zeigt die Meisterschaft des Künstlers, der zu jener Zeit, in Rom lebend, bereits Sammler in ganz Europa für sich eingenommen hatte. Die Monumentalität der antiken Bauwerke führt Hackert dem Betrachter nicht durch die antiken Tempel vor Augen, sondern durch die Trümmer im linken Vordergrund, deren Größe durch die kleine Ziege auf ihnen verdeutlicht wird. Diese Trümmer dienen als Repoussoir, sie sind zudem auch als ein programmatisches Bildelement zu verstehen, das die neuentdeckte Antike im Süden Italiens repräsentiert. So finden wir sie auf dem Titelblatt von Hackerts Stichfolge „Vues de la Sicilie“ wieder, die im Jahr 1786 erschienen sollte.
Die Darstellungen sizilianischer Monumente faszinierten offensichtlich die zeitgenössischen Sammler; bereits ein Jahr nach der Reise begann Hackert, Landschaften mit einzelnen oder mehreren antiken Monumenten Siziliens zu malen. Diese Bilder waren Hackerts gemalte Reiseberichte, und die Betrachter, die ihren Blick über die Landschaften schweifen ließen, konnten jene überwältigenden Gefühle nachempfinden, die Hackerts auf seiner Reise durch Sizilien empfand.


Bildunterschrift Vergleichsabbildung
Abb. 1: Jacob Philipp Hackert, Der Tempel der Juno Lacinia in Agrigent, © British Museum, London, Richard Payne Knight bequest, O.o.4-28.

Provenienz

Auktion Christie´s, London, 30.11.1979, Lot 63. - Galerie Scheidwimmer, München 1979. - Süddeutsche Privatsammlung.

Literaturhinweise

Claudia Nordhoff, Hans Reimer: Jakob Philipp Hackert 1737-1807. Verzeichnis seiner Werke, Bd. 2, Berlin 1994, S. 53f, Nr. 129, Abb. 56.