Albin Egger-Lienz - Alter Fischer am Hafen - image-1

Lot 255 Nα

Albin Egger-Lienz - Alter Fischer am Hafen

Auktion 1090 - Übersicht Köln
31.05.2017, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 30.000 € - 35.000 €
Ergebnis: 37.200 € (inkl. Aufgeld)

Albin Egger-Lienz

Alter Fischer am Hafen
Wohl 1901

Öl auf Leinwand 38,3 x 46/46,5 cm Gerahmt. Unten links schwarz signiert 'A. Egger Lienz'. - Der Keilrahmen rückseitig links mit dem (verblassten) Stempel einer Wiener Handlung für "Malerrequisiten". - In gutem Erhaltungszustand. - Minimaler Farbausbruch an der unteren Bildkante links.

Die frühe Arbeit "Alter Fischer am Hafen" entstand zusammen mit anderen "Meeres- und Hafenbildern" nach den Angaben bei Wilfried Kirschl wohl anlässlich eines etwas längeren Sommeraufenthaltes 1901 im istrischen Lovran. Zu diesem südlich vom Kaiserbad Opatija an der Adria gelegenen Ort verband sich biographisch Persönliches: der Künstler hatte im April 1898 sich dort verlobt und ein Jahr später am 26. Juni 1899 geheiratet. Der neuerliche Sommeraufenthalt dort situiert sich nach dem Umzug des Künstlers von München nach Wien, eine Zäsur auch im künstlerischen Werk.
Schon Mitte der 1890er Jahre reift der Stil des Künstlers heran zu einer größeren Unabhängigkeit und Freiheit in der Wahl der Themen, des Motivs und der malerischen Ausführung: ausgehend vom Naturalismus und der in München gepflegten Genre- und Historienmalerei entwickelt Egger-Lienz in diesen Jahren seine künstlerische Individualität, und er bildet Darstellungen aus, die sich durch einen strengeren, unsentimentalen Realismus auszeichnen. Eigenwillig bleibt dabei seine Verarbeitung und Rezeption zeitgenössischer Kunst: Arnold Böcklin, Jules Bastien-Lepage, Francois Millet oder auch Constantin Meunier sind bewunderte Vorbilder, ohne jedoch direkt zitiert zu werden.
"Alter Fischer am Hafen" zeichnet sich in verschiedener Hinsicht aus: formal in der Komposition durch die Perspektive und den gewählten Ausschnitt, vor allem aber durch den mutigen Anschnitt der Figur, die ganz in den Vordergrund an den Bildrand gerückt ist. Malerisch erscheint ein breitflächiger, teils skizzenhafter Farbauftrag ohne große Ausarbeitung der Details, um so intensiver sprechen die Kontraste und leuchtenden Farbakzente. Das menschliche Bildnis, das Porträt des alten Fischers, verleiht dem Gemälde bezeichnenderweise das absolute inhaltliche Gewicht.
Eine frühe Briefnotiz des Malers von 1899 verrät viel über seine künstlerische Konzeption und die charakteristische Arbeitsweise. Damals beschäftigt mit der Ausarbeitung des Projektes zu dem Monumentalgemälde "Das Kreuz" von 1898-1901 (Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, vgl. Kirschl M 128), schrieb er:
"[...] und zwar besteht die Arbeit hauptsächlich im auszeichnen der Typen. Ich sehe erst jezt so ganz die Nothwendigkeit solcher Vorarbeiten ein; den jede Figur bekommt erst Leben, wen sie im ganzen ein Porträt, eine Type ist." (Albert Egger-Lienz, zit. nach Wilfried Kirschl, op. cit.,Wien/München 1996, Bd. II, S. 62). Es erweist sich, wie stark sein Werk dem Menschen und dem menschlichen Bildnis - in einem existentiellen Sinne - verpflichtet bleibt.

Werkverzeichnis

Kirschl M 165

Provenienz

H. Rohracher, Lienz; Privatbesitz Innsbruck; Privatsammlung Schweiz

Literaturhinweise

Wilfried Kirschl, Albin Egger Lienz 1868-1926. Das Gesamtwerk, Wien/München 1996, Bd. I, S. 68; Bd. II vgl. die Anmerkungen zu den Werkverzeichnisnummern M 165 und M 166, S. 520, M 154, S. 519, Z 292, S.594 sowie S. 676.