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Lot 286 D

Franz Radziwill - Einmal nah, einmal fern

Auktion 1090 - Übersicht Köln
31.05.2017, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 35.000 € - 40.000 €
Ergebnis: 49.600 € (inkl. Aufgeld)

Franz Radziwill

Einmal nah, einmal fern
1956

Öl auf Leinwand, auf dünner Holzplatte aufgezogen 33,7 x 44,8 cm Im Original-Rahmen des Künstlers. In der Darstellung unten, je nach Bildhälfte in unterschiedlichem Farbton (bräunlich bzw. gelblich) signiert 'Franz Radziwill'. Rückseitig auf dem grundierten Holz mit dem Pinsel in Schwarzbraun mit der Werknummer '491' versehen. - Im Rand minimal rahmungstechnisch berieben; mit einem unauffälligen leichten Oberflächenkratzer.

Franz Radziwills Oeuvre begleiten die Stillleben, exemplarisch in ihrer magischen Verdinglichung der dargestellten Gegenstände. Die Magie resultierte immer schon aus dem Paradox der erzielten Bildwirkung: Die naturalistische Wiedergabe körperlicher Formen erschien in ihrer statischen Bewegungslosigkeit und bildhaften Isolation der Wirklichkeit in Schönheit bzw. Künstlichkeit - entrückt. Seit den 1940er und 1950er Jahren kann sich in den Arrangements und in der Art der Komposition die Distanz zur Wirklichkeit um eine erweiterte surreale Komponente intensivieren, die inhaltlicher, mehr erzählerischer Art ist. Kontraste und Brüche, die sich auffälligerweise zuerst in den Landschaften darstellen, lassen sich auch in den Stillleben wiederfinden. Im Stillleben ist eines der klassischen inhaltlichen Erweiterungsmittel das Fenster, der Ausblick aus dem Fenster oder das "Bild im Bild". Hier transzendiert die gewonnene Tiefendimension buchstäblich das Vordergründige mit dem "Hintergründigen" und setzt Bezüge. Bei Franz Radziwill gewinnen die formalen, bildimmanenten Brechungen eine symbolische Bedeutung und regen die Phantasie des Betrachters an.
In der singulären Komposition "Einmal nah, einmal fern" wird das Bildthema verdoppelnd wiederholt: Wie im Trompe-l'oeil schiebt sich im Raum des Gemäldes eine in kräftigen, strahlenden Farben gemalte Holzplatte vor einen verhaltenen, graubraunen Bildgrund identischen Motivs. Es ist ein leises Spiel mit der Optik und mit den Bedeutungsebenen: ist es links eine imaginierte Erinnerung, ist es rechts die Frische eneuerter dinglicher Präsenz? Ist es rechts die ins "Positive" gewandelte Form einer offensichtlichen "Melancholie" in der linken Bildhälfte? Ist diese eher real wenn auch fern, während die linke bunt bemalte Holzplatte plakativ nahe gerückt wird, sich darüberschiebend? Die relative Kostbarkeit des Augenblicks ergibt sich so oder so aus der Fragilität und Flüchtigkeit des festgehaltenen Motivs. Denn nichts erscheint so flüchtig, wie die Nähe und das nahe Verweilen eines kleinen Vogels.
Des Künstlers zentrale Signatur erscheint ebenso flüchtig: in ihrer Zweifarbigkeit, einmal schwach, einmal kräftiger, dem Schicksal der Dinge und der Wesen unterworfen, auch der Zeit unterworfen. Durch den Versatz im Motiv ergibt sich jedoch nicht nur in der chromatischen Farbigkeit des Bildes eine festliche Steigerung. Sie scheint ein romantisches Naturerlebnis zu beschwören, das Franz Radziwill in nur wenigen Bildbeispielen zuvor schon einmal festgehalten hatte, so in den 1928 entstandenen Gemälden "Vogel am vereisten Fenster" (Schulze 291) und 1938 "Buchfink auf dem Fensterrahmen" (Schulze 469).

Werkverzeichnis

Schulze 696; das Werk ist in den Werklisten des Künstlers unter der Nummer 491 verzeichnet.

Provenienz

Vom Künstler erworben; Privatbesitz Nordrhein-Westfalen