Otto Modersohn - Tauwetter (Atelierblick) - image-1

Lot 394 Dα

Otto Modersohn - Tauwetter (Atelierblick)

Auktion 1090 - Übersicht Köln
31.05.2017, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 15.000 € - 18.000 €

Otto Modersohn

Tauwetter (Atelierblick)
1937

Öl auf Leinwand 49 x 67 cm Gerahmt. Unten rechts schwarz signiert und datiert 'O Modersohn 37'. Rückseitig auf der oberen Keilrahmenleiste mit Bleistift vom Künstler betitelt 'Winter in Fischerhude'. - Ebendort mit weiteren Beschriftungen von Mathilde und Christian Modersohn versehen. - In schönem Erhaltungszustand.

Aus Modersohns Spätwerk in Fischerhude liegt hier eine der malerischen Aussichten aus dem Atelierfenster des Künstlers vor - mit der gerade verlaufenden Chaussee links und am Horizont in der Ferne, am Rande der weiten Wiesenfläche unter dichterem Baumbestand, die geduckten Häuser und Gehöfte. Mit sparsamsten Mitteln sind das winterliche Motiv und der Bildausschnitt charakterisiert. Im Vordergrund stehen bildparallel ein paar schiefe Holzpfähle einer verfallenden Umzäunung. Der Blick schweift jedoch ungehindert in die Weite der hochmoorigen Landschaft und über die zahlreichen flachen Wasserpfützen. Sie sind zu Eis gefroren und in ihnen ist das eigentümlich dämmernde Licht des Himmels eingefangen. Der primär erdgebundene Farbeindruck belebt sich typischerweise schnell und man erkennt, wie der Künstler mit dezidierten Akzenten in Grün, Rot, Gelb, oder Gelborange arbeitete, ohne laute Vordringlichkeiten und ohne die Stimmung dieser Landschaft in diesem Moment zu zerstören.
R.M. Rilke hatte schon in seiner 1903 erschienenen Schrift zu "Worpswede" mit sensiblem Instinkt die Anfänge der neuen Landschaftsmalerei beschrieben und meinte in Bezug auf die Gruppe junger Menschen, die sich hier künstlerisch zusammengefunden hatten: "Die Wichtigkeiten fielen ihnen ab und sie erfuhren jene große Umwertung aller Werte, die vor ihnen Constable erfahren hatte, der in einem Briefe schrieb: 'Die Welt ist weit, nicht zwei Tage sind gleich, nicht einmal zwei Stunden; noch hat es seit Schöpfung der Welt zwei Baumblätter gegeben, die einander gleich waren.' Ein Mensch, der zu dieser Erkenntnis gelangt, fängt ein neues Leben an. Nichts liegt hinter ihm, alles vor ihm und: 'Die Welt ist weit'." (Wiederabdruck, zit. nach: Ausst. Kat. Otto Modersohn. Monographie einer Landschaft, Kunstverein Hannover/Landesmuseum Münster, 1979, S. 12).

Zertifikat

Mit einer Expertise von Christian Modersohn, Fischerhude, vom 4. April 1999; das Gemälde ist im Modersohn-Archiv unter der Nummer "WV-OM-SW 1937 Nr. 19: Eisfläche" verzeichnet.
Wir danken Rainer Noeres, Otto Modersohn Museum Fischerhude, für freundliche ergänzende Auskunft.

Provenienz

Nachlass Otto Modersohn; Mathilde (Tille) Modersohn, Bremen; Anna Kracht, Hamburg; Kunsthandel Bremen (1998); seitdem in Privatbesitz Norddeutschland