Lot 410 D

Nach Auskunft der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde gehört das angebotene Aquarell zu einer Folge von Apostelköpfen, die Nolde im Sommer 1909 im Fischerdorf Ruttebüll (Rudbøl) in Nordschleswig schuf. Das Jahr 1909 markiert einen Wendepunkt in Noldes Schaffen: Ab diesem Zeitpunkt erschließt er sich mit religiösen Motiven einen gänzlich neuen Themenkreis. In Ruttebüll beginnt er die Reihe seiner „biblischen und Legendenbilder“ (Emil Nolde). Direkte Vorbilder für die Darstellung seiner Charaktere findet Nolde vor Ort in den von Wind und Wetter gezeichneten Gesichtern der Fischer und Bauern.
Dieses Aquarell wurde 1948 in der Emil Nolde-Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft in Hannover ausgestellt. Im Ausstellungskatalog wird es zusammen mit elf weiteren Papierarbeiten als „Zwölf Studien zum ‚Abendmahl'“ aufgeführt. Der vorliegende „Apostelkopf“ ist demzufolge als eine unmittelbare Studie für Noldes im selben Jahr entstandenes Gemälde „Abendmahl“ (Statens Museum for Kunst, Kopenhagen) anzusehen. In diesem religiösen Hauptwerk scharen sich die Apostel am letzten gemeinsamen Abend dichtgedrängt um Jesus und lauschen ihm intensiv, alle Blicke auf ihn richtend. Die Unmittelbarkeit und Intensität dieser Begegnung, mithin die geschaute Anwesenheit Gottes, spiegelt sich hier im Angesicht des Apostels wider.