Emil Nolde - Kopf eines Javaners - image-1

Lot 164 D

Emil Nolde - Kopf eines Javaners

Auktion 943 - Übersicht Köln
28.05.2009, 16:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 72.000 € (inkl. Aufgeld)

Emil Nolde

Kopf eines Javaners
1914

Aquarell 54 x 40 cm (nachmessen)

Die Aquarell-Portraits Emil Noldes von Bewohnern der vor dem I. Weltkrieg zum Deutschen Reich gehörenden Südsee-Inseln stehen in deutlicher Konkurrenz, ja eigentlich im direkten Kontrast zu der Flut der oft koloriert verbreiteten Photographien, die zwar den Anschein der Authentizität suggerierten, jedoch meist wegen der langen Belichtungszeiten in Ateliers und oft vor gemalten Hintergründen entstanden. Diese Aquarelle sind schon durch die Verwendung der das Spontane betonenden, rasch handhabbaren Technik authentischer als all die photographischen Alben jener Zeit, die gesuchte Objekte für Sammler waren.
Emil Nolde beschrieb in seinen Lebenserinnerungen sehr eindrucksvoll, unter welchem Zeitdruck er diese Köpfe aquarellierte, "arbeitend in fieberhafter Spannung mit Lust und Kraft. Mehrere halbfertige Blätter lagen zum Trocknen um mich herum, als ich die Unruhe meines Boys bemerkte, und ich sah eine Spannung über alle Gesichter huschen. Im gleichen Moment drehte ich mich blitzschnell um und eben noch bemerkte ich, wie eine schräg zugespitzte Bambusstange hinter dem Rücken des wilden Mannes verschwand, den ich eben gezeichnet hatte [...] Ich war leichtsinnig gewesen; die geheimen Gedanken der Wilden kannte ich nicht, ihre Gebräuche, Sitten, ihren Glauben und Gottbegriff auch nicht. Und ich wußte auch nicht, daß bei fast allen Stämmen der Glaube besteht, daß, sowie einer von einem anderen etwas besitzt, sei es nur ein Haar, in diesem Falle ich ihr Bild, er mit diesem tun kann, was er will. - 'Eine falsche Haltung, und Sie wären glatt ermordet worden' sagte nachher ein erfahrener Pflanzer." (Emil Nolde, Welt und Heimat, Köln 1965, S. 59). Dieser Vorgang erklärt vielleicht auch die fast geschlossenen Augen des dargestellten Mannes. Ungewöhnlich ist bei dem vorliegenden Aquarell der Grad der Durcharbeitung mit der Andeutung eines Raum schaffenden grünen Hintergrundes, der sonst bei den Köpfporträts normalerweise fehlt.

Zertifikat

Mit einer Foto-Expertise von Manfred Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 12. März 2009, eine ältere Expertise von Martin Urban vom 12. August 1969 bestätigend

Provenienz

Ehemals Sammlung Wilhelm Kürten, Bielefeld (um 1925 erworben); Galerie Koch, Lübeck, 1974; rheinische Privatsammlung

Ausstellung

Bielefeld 1930 (Städtisches Kunsthaus), Ausstellung aus Bielefelder Privatbesitz, Kat. Nr. 60 ("Javaner"); Bielefeld 1967 (Städtisches Kunsthaus Bielefeld), Emil Nolde. Aquarelle aus Bielefelder Privatbesitz, Kat. Nr. 1 mit Abb. S. 7 ("Kopf eines Javaners")