Jacob Philipp Hackert - Ansicht von Maddaloni - image-1

Lot 1302 Dα

Jacob Philipp Hackert - Ansicht von Maddaloni

Auktion 1108 - Übersicht Köln
16.05.2018, 11:00 - Gemälde und Zeichnungen Alter Meister, Skulpturen
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 99.200 € (inkl. Aufgeld)

Jacob Philipp Hackert

Ansicht von Maddaloni

Öl auf Leinwand. 64,5 x 95,5 cm.
Signiert und datiert unten links: Philipp Hackert. 1805.

Diese „Ansicht von Maddaloni“ ist von Jacob Philipp Hackert 1805, im Jahr nach dem „Blick auf das Arnotal und Fiesole“ (vgl. Lot 1301) für Sir John Francis Edward Acton gemalt worden. Für dieses Gemälde gilt, was auch über die „Ansicht von Fiesole“ geschrieben worden ist. Ihre Bedeutung ergibt sich aus der freundschaftlichen Beziehung des Künstlers zum englischen Auftraggeber ebenso wie aus der Tatsache, dass die erste, für Großherzog Karl-Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach gemalte Version heute verschollen ist. Dieses Gemälde wurde gemeinsam mit dem „Blick auf das Arnotal und Fiesole“ über mehrere Generationen innerhalb der Familie des Auftraggebers vererbt und befindet sich seit über 100 Jahren in deutschem Privatbesitz, so dass ihre Existenz der Forschung lange Zeit nicht bekannt war.

Sieht man im „Blick auf das Arnotal und Fiesole“ eine toskanische Landschaft, so ist hier die Campagna im Süden Italiens dargestellt. Zu sehen ist die Ansicht von Süden auf den Ort Maddaloni am Fuß des Monte Michele bei Caserta, wo sich das königliche Schloss befand und Hackert 14 Jahre als Hofmaler Ferdinands IV. tätig war. Es handelt sich auch hier um ein „Landschafts-Portrait“ (Nordhoff), so lassen sich die Kirchen und Türme von Maddaloni auf dem Gemälde identifizieren. Auch hier durchzieht ein Fluss, wohl der Fosso dell´Aia, die Landschaft. Die Wassermühle am Fluss und die Viehherde im Vordergrund zeugen von der Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit der Gegend und evozieren ein arkadisches Idealbild Italiens.

Caserta und Florenz, Toskana und die Campagna - diese beiden geographischen Bezugspunkte waren für den Maler wie für den Auftraggeber, für Hackert wie für Acton von großer persönlicher Bedeutung. Jacob Philipp Hackert, der deutsche Künstler aus Prenzlau, war seit 1786 Hofmaler König Ferdinands IV. von Neapel gewesen; im Jahr 1799, nach dem Einmarsch der Franzosen, verließ er Neapel und siedelte nach Florenz über, wo er auch diese Landschaft malte. Sir John Francis Edward Acton, in Lyon geboren, durchlief eine bemerkenswerte politische Karriere an zwei italienischen Höfen. Er war zunächst in Diensten Großherzog Leopolds der Toskana und bekleidete später hohe Posten am Neapolitanischen Hof Ferdinands IV. bis hin zu dem des „Primo Ministro“. Nach dem Einmarsch der Franzosen zog sich Acton mit dem König nach Sizilien zurück.
Am Hof Ferdinands IV. freundeten sich Hackert und Acton an. Sie trafen sich regelmäßig am Hofe, wie wir von Berichten Reisender wissen, Hackert widmete Acton Raderungen, und sie durchwanderten sicherlich auch gemeinsam die Gegend um Caserta, deren Schönheit sie gleichermaßen schätzten. Hackert und Acton waren Vertreter einer kosmopolitischen europäischen Elite, die eine glanzvolle internationale Karriere absolvierten, wie sie die höfische Kultur dieser Zeit ermöglichte - es lag nahe, dass sie sich am königlichen Hof befreundeteten.
John Acton plante eigentlich, sich am Ende seiner politischen Laufbahn auf seinen englischen Landsitz zurückzuziehen. Hackerts Ansichten von Fiesole und Maddaloni waren als Erinnerungen an seine erfüllten Jahre in Italien gedacht, sie sollten „die Zierde eines seines Saals in England sein“, wie Hackert an Goethe schrieb (eine dritte Landschaft wurde nicht ausgeführt). Für Hackert war der Auftrag seines alten Freundes, die Landschaften in der Toskana und Campagna festzuhalten, die ihm selbst so viel bedeuteten, sicherlich eine Herzensangelegenheit.

Die „Ansicht von Maddaloni“ wie auch der „Blick auf das Arnotal und Fiesole“ sind, wie Claudia Nordhoff konstatiert hat, „von höchster Bedeutung in Hackerts Spätwerk“. Sie sind „Meisterwerke Hackerts“, die seinen „Ruf als bester Landschaftsmaler seiner Zeit vollauf“ (Nordhoff) bestätigen. Sie sind zudem bildliche Zeugnisse einer Epoche - oftmals als „Goethe-Zeit“ bezeichnet - in der Künstler, Politiker, Fürsten und Schriftsteller sich über Grenzen der Herkunft und des Ranges, der Sprache und der Kultur hinweg gleichermaßen für die Schönheit Italiens begeisterten.

Zertifikat

Dr. Claudia Nordhoff, Rom, 8.4.2013

Provenienz

In Auftrag gegeben von Sir John Francis Edward Acton, Palermo. – Wohl Marianna Anne Acton, Palermo. – Wohl Sir Ferdinand Richard Edward Dalberg-Acton. – Wohl John Emerich Edward Lyon-Dalberg-Acton, 1st Baron Acton. – In Italien erworben und seit mehr als 100 Jahren in süddeutschem Familienbesitz.

Literaturhinweise

Claudia Nordhoff (Hrsg.): Jakob Philipp Hackert, Briefe (1761-1806). Göttingen 2012, S. 199.