Lot 270 N

Mit der Schließung des Bauhauses durch die Nationalsozialisten und den Abschied aus Dessau im März 1933 war Lyonel Feininger heimatlos geworden. Bis zu seiner Übersiedelung in die Vereinigten Staaten sollte noch einige Zeit vergehen, so dass sich der Künstler zunächst einer von großer Ungewissheit geprägten Zukunft gegenübersieht. Es verwundert kaum, dass sich Feiningers persönliche Lebenssituation im nationalsozialistischen Deutschland auch in seinen Werken dieser Jahre vermittelt. Bis zu seiner endgültigen Ausreise würden sie von einer durchdringenden und in dieser Intensität selten erreichten Atmosphäre geprägt sein.
Wie andere Stücke aus diesen Jahren trägt auch unsere Landschaft mit ihrer dramatisch-expressionistischer Wolkenkulisse über dem tiefen Horizont ein unverkennbar introvertiertes Moment in sich. Verlassen wirken die beiden Figuren am Strand, einsam und sehnsuchtsvoll zugleich. Feininger zeichnet sie in verschwindend kleiner Größe unter mächtigem Himmel, so dass sie sich dem Betrachter unvermittelt als lakonischer Kommentar auf die Landschaftskonzeptionen der deutschen Romantik, etwa eines Caspar David Friedrich, präsentieren. Formal zeichnet sich unser Aquarell durch Feiningers meisterhafte Linienführung aus, über die es ihm mit nur wenigen Strichen gelingt den Bildraum zu ordnen. Wie nachhaltig die kompositorische Anlage der Meereslandschaft und ihrer Wetter den Künstler auch in den Folgejahren beschäftigten würde, belegen nicht nur einige Aquarelle, sondern auch das Gemälde „Grosse Wolke“ aus dem Jahr 1941 (Hess 416).