Oscar Marie Frans Jespers - Vrouwehoofd (Frauenkopf) - image-1
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Lot 315 D

Oscar Marie Frans Jespers - Vrouwehoofd (Frauenkopf)

Auktion 1110 - Übersicht Köln
01.06.2018, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 136.400 € (inkl. Aufgeld)

Oscar Marie Frans Jespers

Vrouwehoofd (Frauenkopf)
1930

Weißer Marmor Höhe 51,5 cm An der Büste seitlich rechts signiert 'O. Jespers'. - Auf der Standfläche mit alten Ausstellungsaufklebern. Unikat. - Die Oberfläche mit altersbedingter natürlicher Patina.

Oskar Jespers wird in eine Bildhauerfamilie geboren; der Vater Emile Jespers ist ebenfalls Bildhauer. Constantine Meunier und George Minne vertreten damals die moderne Bildhauerei in Belgien um die Jahrhundertwende. Und während seiner Studienzeit rückt Auguste Rodin in sein Blickfeld, teilt er den bildhauerischen Ansatz seiner Zeitgenossen mit Constantin Brancusi, Amadeo Modigliani, Alexander Archipenko, Jacques Lipchitz, Ossip Zadkine und Pablo Picasso. Auch wenn die Auseinandersetzung mit dem französischen Kubismus erst während des I. Weltkrieges beginnt und Jespers erst in den 1920er Jahren sich ernsthaft mit dem expressiven Gehalt der französischen Bildhauerei beschäftigt, so vertieft er nach Jahren der Reife seinen eigenen Stil in einer Form kubistischen Ausdrucks, der die figürlichen Körper gegenüber seinen Zeitgenossen nur gering abstrahiert oder bisweilen fragmentiert wie es in Paris nach Rodin üblich war. Jespers belässt seinen Figuren ihren Kopf und eine stabile Verbindung zum Ausgang seiner Inspiration. Dies gilt für alle bedeutsamen Werke der zwanziger und dreißiger Jahre. Verschiedene Köpfe von Jespers wie diese marmorne Büste aus dem Jahr 1930 beziehen sich auf jene schon damals aufsehenerregende Skulptur der „Fernande“ von Pablo Picasso aus dem Jahr 1909 oder zeigen gleichzeitig eine Affinität zum Art Déco.
1927 wird Jespers an die Hochschule für bildende Künste Ter Kameren unter Leitung von Henry van de Velde nach Brüssel berufen und unterrichtet dort im Bereich dekorativer Monumentalbildhauerei. Er weiß diese Herausforderung mit seiner Bewunderung für die statische ägyptische Bildhauerkunst zu verbinden und lässt sich für seine eigene Arbeit unter anderem von Masken und Frauenköpfe der Luba (Kongo) inspirieren. Die Köpfe bildet der Künstler zumeist frontal ab, oder dreht sie wie hier ins Profil wie in ägyptischen Hieroglyphen üblich. Zudem erinnern die Frisuren der Köpfe an die Perücke eines ägyptischen Höflings. Die dekorative Bearbeitung der Oberfläche und das verhaltene Stilisieren etwa der Haartracht ist ebenfalls charakteristisch für Oskar Jespers.
Dieser auffällige Frauenkopf aus weißem Marmor aus dem Jahr 1930 gehört zu den zentralen Werken des Bildhauers. Überraschend sind seine unterschiedlichen Zustände der Bearbeitung, etwa das Non-finito in Bereichen der Rückseite oder der Haartracht. Jespers benutzt ein klassisches, bildhauerisches Stilmittel, um die feine, exotisch anmutende Physiognomie des Gesichts herauszuarbeiten. 1934 wird dieser Marmor mit neueren expressionistischen Werken in Stein bei "Kunst van Heden" in Antwerpen mit großem Erfolg ausgestellt. Und nicht zuletzt schmückt dieser Frauenkopf das Werkverzeichnis über den Bildhauer Oskar Jespers, was die Bedeutung dieses Werkes auch in der posthumen Literatur exponiert. Eine zeitgenössische Würdigung erfährt Oscar Jespers durch Alfred H. Barr, dem Gründungsdirektor des Museum of Modern Art und Picasso-Kenner. Er erwirbt 1938 die Arbeit „De bekoring van Sint Antonius“ (Die Versuchung des heiligen Antonius) des Künstlers aus dem Jahr 1934 und würdigt darin die Bedeutung des belgischen Bildhauers neben der zeitgleich arbeitenden Pariser Bildhauer-Avantgarde.

Werkverzeichnis

Boyens 129 (mit Farbabb. auf dem Titelumschlag)

Provenienz

Aus dem Nachlass des Künstlers, Sammlung P. Jespers, Tervuren; Galerie Patrick Derom, Brüssel; Privatsammlung Nordrhein-Westfalen

Literaturhinweise

José Boyens, Een eigenzinnig kubisme, 1924-1930, De koppen, in: Oscar Jespers. Zijn beeldhouwwerk met een overzicht van de tekeningen, Antwerpen 1982, vgl. S. 123 ff., insbesondere S. 135 mit Abb. S. 356 und Farbabb. auf dem Titelumschlag

Ausstellung

Antwerpen 1931 (Feestzaal Meir), Kunst van Heden, Kat. Nr. 213; Antwerpen 1934 (Festzaal Meir), Kunst van Heden, Salon 1934, Kat. Nr. 258; Luxembourg 1959 (Musée de l'État), Hippolyte Daeye- Oscar Jespers. Deux expressionnistes belges, Kat. Nr. 44; Venedig 1960 (XXX. Biennale internazionale d'arte), Kat. Nr. 74, Belgischer Pavillon Kat. Nr. 16; Mons 1966 (Musée des Beaux-Arts), Oscar Jespers, Kat. Nr.13; Elsene 1966 (Museum), Oscar Jespers, Kat. Nr. 29 mit Abb.; Maastricht/Breda/Knokke-Heist 1975 (Bonnefantenmuseum/Cultureel Centrum De Beyerd/Cultureel Centrum), Beelden en tekeningen van Oscar Jespers en van beeldhouwers die bij hem gewerkt hebben, Kat. Nr. 20; Mechelen 1976 (Cultureel Centrum Burgemeester A. Spinoy), Kunst in Europa 1920-1960. Een confrontatie, Kat. Nr. 189; Paris 1977 (Musée Rodin), Oscar Jespers, Sculptures, dessins, Kat. Nr. 19 mit Abb.