Eberhard Viegener - Stilleben mit Tongefäss, Kaktus und Äpfeln - image-1

Lot 350 D

Eberhard Viegener - Stilleben mit Tongefäss, Kaktus und Äpfeln

Auktion 1110 - Übersicht Köln
01.06.2018, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 30.000 € - 35.000 €

Eberhard Viegener

Stilleben mit Tongefäss, Kaktus und Äpfeln
1927

Öl auf Holz 60,5 x 51 cm Gerahmt (Original-Holzrahmen). Unten rechts graubraun signiert und datiert ,Eberhard Viegener 1927'. - An den Rändern, vor allem am Oberrand und am linken Rand, rahmungsbedingter Abrieb mit Farbverlusten.

Nach seinen Anfängen im neoimpressionistischen und expressionistischen Stil wendet sich Eberhard Viegener ab 1922 einer neusachlichen Schaffensphase zu. Bis 1933 entstehen so vorrangig Stillleben-Interieurs unterschiedlichen Charakters, die mit ihrem ausgeprägten Formalismus zweifelsohne zu den stärksten Werken des Soester Malers zählen. Das zentrale Motiv des vorliegenden Gemäldes, die Kaktee in ihrem schlichten Tontopf, taucht in vielen Stillleben des Künstlers auf. Aber nicht nur Viegener, sondern auch Malerkollegen wie Alexander Kanoldt, Georg Scholz oder Georg Schrimpf bevorzugen in ihren Werken der 1920er Jahren die Wüstenpflanze als vegetabiles Motiv. Der Kunstkritiker Adolf Wortmann erläutert dazu 1925: „Sind die Kakteen nicht pflanzliche Kristalle, lebendige Architektur? Kugel, Walze, Maß und Zahl?... Ist unsere neuerwachte Liebe zu den abstrakten, geometrischen Pflanzen nicht zu vergleichen unseren Mühen um die Gestaltung des Raumes aus den Urformen des Begrenztseins, Kugel und Würfel? … Wir ringen um die klare, keusche, einfältige Form. Wir sind das Schweifende und Launenhafte müde. Wir wollen das Gesetz.“ (Adolf Wortmann, in: Das Kunstblatt, 9. Jahrgang, Heft 1, Berlin 1925, S. 30). Die Kaktee ist in einen Kontext organischer und anorganischer Alltagsgegenstände wie dem Krug, der Früchteschale und einzelnen Äpfeln eingebunden. Im Zusammenspiel mit der gedämpften Farbpalette und dem lasierenden Farbauftrag, der jede persönliche Handschrift negiert, erscheinen die unterschiedlichen Materien optisch vollkommen angeglichen. Der Eindruck von Kargheit entsteht. Diese Empfindung wird auch durch den Umstand verstärkt, dass der Innenraum, der die Komposition umschließt, in seiner Struktur und Beschaffenheit nicht eindeutig definiert ist. Trotz der Vertrautheit des Motivs erscheinen die einzelnen Bildgegenstände fremdartig, statisch und vollkommen starr. Es wird der ihnen innewohnenden einzigartigen Qualität auf den Grund gegangen und alles darüber Hinausgehende ausgeschlossen. Das Objekt an sich und seine ästhetische Wahrnehmung wird zum Bildinhalt des neusachlichen Stilllebens erhoben. Damit sind diese konzentrierten Arrangements nicht als ein Abbild der Realität zu verstehen, sondern vielmehr als Hinterfragung der erfahrbaren Wirklichkeit zu deuten. Der Kunstkritiker Franz Rohe prägt 1925 den Begriff des „Magischen Realismus“ zur Beschreibung der neuen bildnerischen Phänomene.

Werkverzeichnis

Nicht bei Tjardes

Zertifikat

Wir danken Hans A. Peters, Soest, für freundliche ergänzende Auskünfte.

Provenienz

Direkt vom Künstler erworben, Privatbesitz Bochum; Privatsammlung Westdeutschland; Privatsammlung Nordrhein-Westfalen