Lot 610 D

„Torsion. Ein rein funktionelles Element. Sie bestimmt durch den Charakter ihrer Struktur die Möglichkeiten verschiedener Blickwinkel. Sie ist zugleich Hauptbestandteil des Kunstwerkes. Wenn der Betrachter sich vor dem Kunstwerk bewegt, beteiligt er sich, vielleicht unbewusst, an seiner Schöpfung.“ (Walter Leblanc, in: Walter Leblanc, Torsionen, Ausst.Kat. Belgisches Haus, Köln 1970, o.S.)
Die Torsion bezeichnet in der Physik eine schraubenförmige Verdrehung und wird als Stilelement ab 1959 ein grundlegender Bestandteil in der Kunst des Belgiers Walter Leblanc. In aufeinanderfolgenden Sequenzen und Mustern formt der Künstler aus eindimensionalen Leinwänden räumliche Objekte, denen eine Faszination für Licht, Optik und Bewegung zugrunde liegt. Die Freude am Spiel mit geometrischen Formen und der Irritation der optischen Wahrnehmung des Betrachters teilt Walter Leblanc mit weiteren Künstlern seiner Zeit, wie beispielsweise Victor Vasarely, Bridget Riley, François Morellet oder Julio Le Parc.
In der Arbeit „Torsions (P.F.1044)“ überspannt Walter Leblanc die schwarz grundierte Leinwand senkrecht mit geschnittenen, hauchfeinen weißen Polyvinylstreifen. Die Bänder sind in wiederholender strenger Abfolge durchgängig gespannt, einfach und zweifach gedreht. Je nach Betrachter-Position und Bewegung verändert sich die Farbwirkung der Arbeit und der erste Eindruck der Strenge weicht dem Eindruck einer vermeintlich kinetischen Bewegung der einzelnen Elemente.