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Lot 1146 Dα

Table liseuse

Auktion 1117 - Übersicht Köln
16.11.2018, 16:30 - Ausgewählte Objekte
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €

Table liseuse

Mahagoni auf Eiche, vergoldete Bronze, Messing, Eisen. Verwandlungstisch auf geschweiften Vierkantbeinen. Das Mittelstück der Zarge mittels eines kleinen Druckknopfs herausspringend. Nach hinten schiebbare Platte, hochziehbare Pultlade. Neben der Pultlade zwei Fächer mit Klappdeckeln. Unter der Zarge gestempelt J F OEBEN JME. H 72, B 97,5, T 43,5 cm,
Jean-François Oeben, Paris, 1760er Jahre.

Der gebürtige Heinsberger Jean-François Oeben, geboren 1721, taucht namentlich das erste Mal durch seinen Ehevertrag 1749 in Paris auf. Daraus ist zu schließen, daß er schon früher in Paris gelebt haben muss. Er heiratete die Schwester von Roger Vandercruse (R.V.C.L.) und damit in eine der größten Pariser Ebenistenfamilien ein. Von 1751 bis 1754 konnte er im Louvre den Zwischenstock der Wohnung von Charles-Joseph Boulle, ein Sohn des André-Charles Boulle, mieten und als selbständiger Handwerker dort arbeiten. Nach dem Tod Boulles 1754 musste er das Apartement räumen und bekam Wohnung und Werkstatt in der "Manufacture des Gobelins" und gleichzeitig den Titel eines "ébéniste du roi" zugesprochen. Die Arbeit in den Gobelins war mit vielen Vorteilen und Privilegien verbunden, die ihm ungeachtet dessen, dass er ohne Meistertitel und Zunftzugehörigkeit war, zuteil kamen. Ab Anfang der 1750er Jahre arbeitete er vermehrt für Madame Pompadour. 1756 erfolgte der Umzug von Wohnung und Werkstatt in das Arsenal. Er belieferte erstmalig den Garde-Meuble Royal mit einer Kommode mit Türen für das Kabinett des Dauphin in Versailles.
Nun spezialisierte er sich auf mechanische Möbel mit komplizierten Mechanismen. Eines der ersten Möbel dieses Typus entspricht dem hier vorgestellten Tisch. 1760 bekam er den Titel des „ébéniste mécanicien du roi“ verliehen. Der Höhepunkt seiner Karriere war der Auftrag für das große Zylinderbureau, das „bureau de roi“ für Ludwig XV. Er gilt als Erfinder dieses Möbeltyps, der vorher in der Form noch nie aufgetaucht war. Oeben verstarb 1763, bevor er diesen Auftrag beenden konnte. Seine Witwe, die später Jean-Henri Riesener heiratete, musste unter anderem aufgrund der gewaltigen Außenstände Bankrott anmelden.
Als Jean-François Oeben Ende der 1750er Jahre begann, Möbel mit komplizierten Mechaniken zu bauen, begann er mit einem mechanischen Tisch, der als Frisier- und Schreibtisch diente. Platte und Zargenkasten sind voneinander getrennt. Durch Auslösen eines Federmechanismus fährt die Platte nach hinten, der Zargenkasten gleichzeitig nach vorne und gibt mehrere Fächer und ein aufklappbares Schreib- und Lesepult oder einen Spiegel frei. Diese Grundform wurde in großer Zahl und Variation hergestellt. Möbel dieses Typus finden sich heute in allen großen Sammlungen wie dem Musée de Louvre, dem Victoria & Albert Museum, dem Metropolitan Museum of Art, dem J. Paul Getty Museum, dem Rijksmuseum Amsterdam oder dem Residenzmuseum München. Meist sind sie aufwändig mit Blumenmarketerien überzogen und mit vergoldeten Bronzen ausgestattet.
Der hier angebotene Tisch weist die Besonderheit auf, daß er ausschließlich mit Mahagoni furniert ist. Was im ersten Moment sehr einfach aussieht, stellt sich bei genauerer Betrachtung als sehr aufwändig dar. Mahagoni war für den Möbelbau ein neues Material und dementsprechend teuer. Die ersten Möbel, die vollständig aus Mahagoni gefertigt wurde, sind für 1752 belegt. Madame Pompadour beispielsweise besorgte das für ihre Möbel verwendete Mahagoni selbst. Als Furnier auf Kommoden Oebens häufiger zu finden, ist es auf den Tischen eher selten, was diesen Tisch als außergewöhnlich auszeichnet.

Literaturhinweise

Der Ebensist bei Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 2008, S. 655 ff.
Vgl. den Möbeltypus:
Langer, Die Möbel der Residenz München, Band I, München 1995, S.133 f.
Alcouffe/Dion-Tenenbaum/Lefébure, Furniture Collections in the Louvre, Vol. 1, S. 176 ff.
Weitere Exemplare bei:
Kjellberg (s.o.)
Pradère, Die Kunst des französischen Möbels, München 1990, Abb. 262-265 u. 269.