Ernst Wilhelm Nay - Fischer - image-1

Lot 243 D

Ernst Wilhelm Nay - Fischer

Auktion 1121 - Übersicht Köln
30.11.2018, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 130.000 € - 150.000 €
Ergebnis: 210.800 € (inkl. Aufgeld)

Ernst Wilhelm Nay

Fischer
1936

Öl auf Leinwand 106 x 136 cm Gerahmt. Unten links schwarz signiert 'E. W. Nay. 36' sowie verso datiert '1936'. - In schönem Erhaltungszustand. Partiell mit feinem Craquelé.

Nach einer kurzen surrealistischen Phase beginnt Ernst Wilhelm Nay sich ab 1935 intensiv mit dem Thema Mensch, Meer und Landschaft auseinanderzusetzen und dies - vorsichtig ausgedrückt - seriell abzuarbeiten: Auf „Dünenlandschaften“, „Wellen“, „Nächtliches Meer“, „Segelboote nachts auf dem Meer“, „Stürmische Wellen“, folgen auch eine Reihe Bilder mit Titeln wie „Ausfahrt der Fischer“, „Ostseefischer“, „Fischer mit Netzen“, oder wie dieses bereits 1936 entstandene Gemälde: „Fischer“. Nay zeichnet skulpturartige Körperchiffren, markiert die Fischerboote symbolisch mit Masten und Segel und dynamisiert die Kompositionen ungemein mit großflächiger, weiß schäumender Brandung vor blauem Himmel. In der Kraft der Natur schwanken die Fischer wie Marionetten, abstrahiert Nay Szenen des rauen Alltags an der Ostsee, das tägliche Geschehen ist aufgelöst in der Kraft kontrastierter Farben und abstrakten Formensprache. Den Fischereibetrieb in seiner einfachen Urwüchsigkeit und Lebendigkeit erlebt Nay in der kleinen Gemeinde Vietzkerstrand im Kreis Schlawe in Pommern. Schon 1935 verbringt Nay den Sommer an diesem, den Künstler außerordentlich produktiv anregenden Ort. So beschreibt er in einem Brief an den Sammler Carl Hagemann, der gerade ein „Fischer- Bild“ erworben hat, am 7. Februar 1937 nach Frankfurt am Main „das Grundlegende meiner Kunst, eben das, was das Neue ausmacht [...] ist zugleich meine Mitte, mein Lebensgesetz, ist nun auch das Ur-Lebensgesetz überhaupt: die mythische Gebundenheit, über die ich mich vor nunmehr 7 Jahren zum ersten Mal aussprach. Es ist darunter die urtümliche Bindung des Menschen an Erde und Himmel zu verstehen, Erde wie Himmel sind Formen der ewigen Bewegung, des Werdens und Vergehens, der Ewigkeit. Wie oft ich auch darüber nachgedacht habe, wird es mir doch wohl immer unmöglich sein, mich deutlicher auszudrücken, denn dies ist ja kein Programm, keine Theorie oder ein religiöser Einfall, eher eine Vision." (Brief von Ernst Wilhelm Nay an Carl Hagemann vom 07.02.1937, in: Kirchner, Schmidt-Rottluff, Nolde, Nay ... Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann. Herausgegeben von Hans Delfs, Mario-Andreas von Lüttichau und Roland Scotti, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit, 2004, Nr. 796).
Mit der Beschäftigung strukturierter Flächengewebe und ständig zunehmender Verdichtung von figurativen Bildstrukturen erarbeitet sich der Künstler eine erste komplexe Bildthematik. Unterlegt von Rhythmus und Dynamik, in klar gegliederten, die Welt der Gegenständlichkeit vereinfachenden, bisweilen abstrakten Strukturen, bewahren die Fischer-Bilder in ihrer groß angelegten Komposition formalen und farblichen Reichtums einen Rest von Figuration. Nays präzise Vorstellung und Vorgehensweise formaler Klärung eröffnet ihm Wege stilistischer Wandlung auf dem Weg zur Abstraktion.

Werkverzeichnis

Scheibler 198

Provenienz

Uli Nimptsch, London; Galerie Dieter Brusberg, Berlin (2011); Privatsammlung Norddeutschland