Pablo Picasso - Homme nu couché - image-1

Lot 246 N

Pablo Picasso - Homme nu couché

Auktion 1121 - Übersicht Köln
30.11.2018, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 360.000 € - 400.000 €
Ergebnis: 688.000 € (inkl. Aufgeld)

Pablo Picasso

Homme nu couché
1967

Farbkreidezeichnung auf Velin mit Wasserzeichen "GUARRO" 51,8 x 64,4 cm Unter Glas gerahmt. Oben rechts mit schwarzer Tusche signiert 'Picasso', mit blauer Kreide datiert '4.2.67.' sowie mit brauner Kreide bezeichnet 'I'. - Die Blattränder schwach gebräunt, sonst in guter, farbfrischer Erhaltung.

Das Motiv ist für Picasso mehr als ungewöhnlich: ein allein liegender, bärtiger Mann! Kein Modell, keine Muse, keine Venus, keine Aphrodite, keine erotische Phantasie beleben ihn? Nun - der Liegende ist nicht irgendein ausruhender Mann, den Picasso vielleicht im Atelier überrascht hat? Ein melancholisch blickender, wie mit einem verschleiernden Vorhang vor Augen Daliegender, den Blick nach innen gerichtet, nackter bärtiger Mann, entspannt ein Bein aufgestützt, das andere darüber geschlagen, die Arme oberhalb des Kopfes verschränkt. Nichts von ständiger Auseinandersetzung, nichts von der Dramatik eines Stierkampfs, nichts von dem tragischen Kampf des Minotaurus, nichts von ungestümen Erosdramen, nichts von den knisternden, nicht nur bis in die Psyche eindringenden Begegnungen zwischen Maler und Modell, nichts von den wundersamen Wünschen des Bildhauers, die Erschaffung einer idealen Skulptur mit Hilfe Pygmalions? Keine überbordende Geste, kein Ritual also, sondern ein sich ausruhender, melancholisch anmutender Mann?
Liegende Männer kommen im Werk Picassos immer vor, etwa in dem zentralen Werk des Künstlers, der „Suite Vollard“, worin Picasso sich Minotaurus als Identifikationsfigur bemächtigt und dessen überschwängliches Leben erzählt, welches schließlich zu dessen Erblindung und dessen Tod in der Arena führen; aber dieser Minotaurus alias Picasso liegt eben nicht alleine da. Wo bleibt die Ekstase des Liebens, Ekstase des Zeichnens? Der Maler ist müde? Der Bildhauer ist müde?
Es bleibt die Sinnlichkeit der Linie, ein kräftiger Körper, kraus gefüllt mit dichten Farbstift-Schleifen über einer zarten Umrisszeichnung, eine Ankündigung kreisender Gedanken im bewegten Raum. 1967, im Entstehungsjahr der Farbstift-Zeichnung, ist Picasso über Mitte Achtzig, seine schöpferische Kraft jedoch ist ungebrochen. Im Gegenteil: Picasso zeichnet und malt unaufhörlich wie nie zuvor. In den Jahren 1966 bis 1968 entstehen über vierhundert Zeichnungen, zahlreiche davon farbig, es folgen 347 graphische Blätter und rund 265 Gemälde. Das Thema „Maler und Modell“ ist nach wie vor zentral, ebenso die Verführung seines Modells, die nie endende Liebe zwischen Amor und Venus, das Abenteuer suchende Hineinschlüpfen in die Rolle des Minotaurus. Gelebte Sehnsüchte, Ängste und Depressionen über den Fortgang in die Zukunft? Ausruhen im Atelier! Picasso ruht sich nur aus, besinnt sich auf den starken Auftritt als Faun, als Kentaur und in seiner eindrucksvollsten Rolle, als Eros. Picasso ist nicht müde, im Gegenteil: er wird noch intensiver, noch wilder gegen den Tod anmalen; es bleiben ihm noch sechs Jahre.

Werkverzeichnis

Zervos Vol. XXVII, 438 mit Abb.; The Picasso Project, The Sixties II (Wofsy 2002), 67-044 mit Abb.

Provenienz

Galerie Louise Leiris, Paris; Marlborough Fine Art, Ltd., London (1970); Saidenberg Gallery, New York; Galerie Taménaga, Paris; Galerie Michael Haas, Berlin (jeweils auf der Rahmenrückwand mit dem Galerie-Etikett)

Ausstellung

London 1970 (Marlborough Fine Art, Ltd.), Moore, Picasso, Sutherland. Drawings, Watercolours, Gouaches, Kat. Nr. 48 mit Farbabb.