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Lot 1 Dα

Gustav Karsten - Die Stifter der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin

Auktion 1133 - Übersicht Köln
31.05.2019, 14:00 - Photographie
Schätzpreis: 6.000 € - 8.000 €
Ergebnis: 6.448 € (inkl. Aufgeld)

Gustav Karsten

Die Stifter der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin
14. Juni 1845

Daguerreotypie. 8,9 x 7,6 cm (ovaler Passepartout-Ausschnitt), 13,7 x 12 cm (Gesamtmaß). Unter originalem Passepartout. - Entlang des Randes stellenweise oxidiert. Neu unter Glas gerahmt.

Begleitet von einem Autographen Marie du Bois-Reymonds, der Schwiegertochter des Gründungsmitglieds Emil du Bois-Reymond, in der sie ausführlich auf den Entstehungszusammenhang der Aufnahme eingeht.

Mit der hier vorliegenden Daguerreotypie aus dem Jahr 1845 kommt nicht nur ein ebenso interessantes wie reizvolles Exponat aus der Frühzeit des Mediums, sondern zugleich ein bedeutendes Stück deutscher Wissenschaftsgeschichte zum Aufruf.
Urheber der Aufnahme ist Gustav Karsten (1820 - 1900), Physiker und Mineraloge, der im Juni 1845, etwa ein halbes Jahr nach Gründung der „Physikalischen Gesellschaft zu Berlin“, deren sechs Gründungsväter portraitierte. Zu diesen gehörten (v.l.n.r.): der Mediziner und Physiologe Ernst Wilhelm Brücke, der Physiker Wilhelm von Beetz, der Chemiker Heinrich Wilhelm Heintz, der Physiologe Emil du Bois-Reymond, der Physiker Karl-Hermann Knoblauch sowie Gustav Karsten selbst.
Als Physiker dürfte es Karsten leicht gefallen sein, sich mit dem damals noch jungen Verfahren der Daguerreotypie vertraut zu machen. Dass es sich bei ihm um den Urheber der Aufnahme handelt, geht aus dem Autographen hervor, der der Daguerreotypie beigefügt ist. Datiert auf den 2. September 1906, beschreibt Marie du Bois-Reymond, eine der Schwiegertöchter des Gründungsmitglieds Emil du Bois-Reymond, darin den Entstehungskontext des Bildes, welches „einer der Dargestellten, Dr. G. Karsten selbst am 14. Juni 1845 im Garten des Hauses Kronenstraße 39 aufgenommen hat. Die lange Expositionsdauer für solche Daguerreotypien ermöglichte es Herrn Karsten, seinen Platz in der Gruppe nach Öffnung der Camera schnell einzunehmen und ihn kurz vor dem Schließen der Camera zu verlassen. Auf dem Bildchen ist ersichtlich, wie er mit der Uhr in der Hand die Exposition überwacht.“
Weitere Details schildert sehr plastisch ein Gedicht, das Maries Ehemann Claude, Sohn des Gründungsvaters Emil du Bois-Reymond, im Jahr 1896 anlässlich der Feier zum 50jährigen Bestehen der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin verfasst hatte, und das die Verfasserin in ihrem Brief an eine anonyme Adressatin zitiert:

„Schaut hin nach Berlin in die Straße der Kronen,
Dort soll ein Herr Doctor Karsten wohnen.
Eine Weinlaubwand liegt im Sonnenschein,
Davor ist versammelt ein kleiner Verein

Der treibt Physik und experimentiert -
Im Wunderspiegel ist's photographiert.
In's Jahr der Stiftung blicket ihr heute:
Wer kennt sie - diese jungen Leute!“

Aus der Verwendung des Begriffes „Wunderspiegel“ spricht die offensichtliche Faszination, die von der Photographie damals ausging, lag doch die Vorstellung des Daguerreschen photographischen Verfahrens durch François Arago vor den Mitgliedern der Französischen Akademie der Wissenschaften in Paris, die heute als offizielle „Geburtsstunde“ der Photographie gilt, im Gründungsjahr der „Physikalischen Gesellschaft zu Berlin“ gerade einmal sechs Jahre zurück.
Die Existenz der Aufnahme spricht dafür, dass sich die jungen Wissenschaftler - sie waren damals jeweils kaum älter als fünfundzwanzig - der historischen Bedeutung der Gründung ihrer Vereinigung bewusst waren, und in der Tat erwarb sich diese, etwa durch die Herausgabe des Fachorgans „Fortschritte der Physik“, bald nationales wie internationales Ansehen. Als lokaler Verein gegründet, ging aus ihr im Jahr 1899 die heutige „Deutsche Physikalische Gesellschaft“ hervor.
Eine zeitgleich entstandene, mehrfach publizierte Variante unseres Gruppenportraits gilt als verschollen, ein weiteres Gruppenbildnis, entstanden ebenfalls am 14. Juni 1845, befindet sich heute in Berliner Privatbesitz.

Wir danken Ralf Hahn, Archivar der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, Berlin, für hilfreiche Auskünfte.

Provenienz

Nachlass Heinrich Wilhelm Heintz