Alexej von Jawlensky - Helle Erscheinung - image-1

Lot 278 Nα

Alexej von Jawlensky - Helle Erscheinung

Auktion 1134 - Übersicht Köln
31.05.2019, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 300.000 € - 350.000 €

Alexej von Jawlensky

Helle Erscheinung
1916

Öl auf leinenstrukturiertem Papier, auf Holz aufgezogen 50,4 x 32,5 cm Gerahmt. Unten links grün signiert 'A. Jawlensky'. - Rückseitig von Andreas Jawlensky mit dem Titel "Mädchenkopf 'Helle Erscheinung' St. Prex 1916" sowie mit Material- und Maßangaben beschriftet. - Mit kleinen Randmängeln, die untere rechte Ecke angefügt.

Kein anderer Künstler hat sich in dieser vielfältigen Weise über einen derart langen Zeitraum mit dem Antlitz des Menschen auseinandergesetzt. Ausgehend von einem Grundgerüst der Gesichtszüge, variiert Jawlensky nicht nur zwischen Kreiden, Gouachen, Aquarell- oder Ölfarben, zwischen zurückhaltenden Farbnuancen und greller Buntheit, sondern auch zwischen feiner Liniatur im Wechsel mit grober Flächigkeit oder zwischen mimetischer Wiedergabe und systematisierter Form. Jawlenskys Köpfe unterstehen seit den expressiven Porträts um 1910 einer bemerkenswerten Entwicklung: von den Mystischen Köpfen über die Heilandgesichter, den Abstrakten Köpfen bis zu den Meditationen: Mit ihr wird das Gesicht zur Maske, werden Augen und Mund, Nase und Ohren immer mehr zur geometrisch stilisierten Abstraktion, um das traditionelle Gesicht in eine verallgemeinernde und dennoch feierliche Vorstellung zu überführen, einer heiligen Ikone oder einem ägyptischen Mumienporträt vergleichbar. Jawlenskys „Helle Erscheinung“ ist ein stilbildendes Beispiel für den Beginn dieser weitreichenden Entfaltung: Das Gesicht vor neutralem Hintergrund füllt das Format des Bildträgers, Haare haben nur mehr eine rahmende Funktion, Andeutung von Hals und Schulter dienen zur traditionellen Ortung der Komposition. Die Farbe wird nicht mehr pastos aufgetragen, sondern äußerst dünn, lasierend. Die zumeist stilisierten Frauenbildnisse sieht der Künstler in leichtem Profil oder wie hier nahezu en face, fast geometrisch gesetzte Farbfelder geben dem Gesicht eine individuelle Aura ohne realen Personenbezug. Jawlenskys Köpfe entsprechen einem konzeptionellen Denken; mit den Variationen über ein Thema gelangt Jawlensky über die verschiedenen Entwicklungsphasen zu einer Radikalität, die in der Geschichte der klassischen Porträtmalerei ihresgleichen sucht.

Werkverzeichnis

M. Jawlensky/Pieroni-Jawlensky/A. Jawlensky II, 736

Provenienz

Nachlass des Künstlers; Galerie Wilhelm Grosshennig, Düsseldorf (1966); Privatsammlung; Sotheby's London, Juni 1983, Lot 49; Christie's London, 28. November 1988, Lot 43; Privatsammlung; Christie's London, 26. Juni 1996, Lot 257; Christie's London, 7. Oktober 1999, Lot 118; Privatsammlung Großbritannien; Privatsammlung Europa

Literaturhinweise

Clemens Weiler, Alexej Jawlensky. Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, wahrscheinlich S. 143, Nr. 158 ("St. Prex 1916 Blaue Augen, rosa Mund")

Ausstellung

Genf 1963 (Galerie Krugier), Alexej Jawlensky, Kat. Nr. 26