Pablo Picasso - Deux Pigeons - image-1

Lot 292 N

Pablo Picasso - Deux Pigeons

Auktion 1134 - Übersicht Köln
31.05.2019, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 180.000 € - 220.000 €

Pablo Picasso

Deux Pigeons
1946

Farbkreidezeichnung (Wachskreiden) auf leicht genarbtem Büttenpapier mit Wasserzeichen "Arches" 50,5/50,7 x 65,5 cm Unter Glas gerahmt. Nicht signiert. Unten links mit Bleistift datiert '29 juin 46'. - Das Papier Insgesamt gleichmäßig leicht gebräunt mit kaum merklichem helleren Lichtrand entlang der Kanten; in schönem Erhaltungszustand.

Alltäglich Gesehenes findet so gut wie keinen Niederschlag in Picassos Werk. Dass sich der Künstler insofern mit Tauben beschäftigt, die sich offensichtlich paaren, scheint eine Ausnahme zu sein. Sicher, Picasso porträtiert in Zeichnungen, Gemälden, Skulpturen und Keramik vielerlei tierische Wesen, aber sich paarende Tiere außer diesen Tauben? Er mag sie gesehen haben beim Boule am Dorfplatz unter schattenspendenden Bäumen oder anderswo, ihr ungeniertes Treiben beobachtend.
Das sinnliche Wohlgefallen angesichts der ihn umgebenden Tauben verwandelt Picasso in die Eleganz geometrisch anmutender Konturen, stakkatoartiger Farb-Striche; die feinen Kreuz-Zeichen und Akzente bilden einen wilden Rhythmus, lassen die Szene wie vertont erscheinen mit betörender Musik. Die Zeichnung der Tauben ist eingebunden in ein abstraktes Liniensystem, welches Picasso immer wieder einsetzt, die Dinge zu ordnen. An jenem 29. Juni 1946 entsteht nicht nur diese emotionale Farbkreidezeichnung, sondern weitere Wiederholungen des Themas in einzelnen Lithografien in Rotviolett und Goldgelb, respektive in Gelb und Violett übereinander gedruckt mit dem passenden Titel versehen: „Les deux Tourterelles“ bzw. „Les Deux Tourterelles doubles“. Die leicht versetzte Umrisszeichnung, im Zweifarbendruck wie auch hier in der Farbkreidezeichnung zu bemerken, betont die Schwanzfedern und Flügel motivisch besonders lebendig, wie Bewegung simulierend.
Picassos Vorstellungskraft ist immer wieder verblüffend und nicht zuletzt gestillt von den tiefgehenden Verbindungen zu seinen Musen, zu dieser Zeit Françoise Gilot, die auf den 65-jährigen seit Mai 1943 über 10 Jahre äußerst stimulierend wirkt. Etwa mit den Porträts „Françoise“, Lithografien, die wenige Tage zuvor am 14. Juni 1946 entstehen: eine ungemein emotional einprägende Serie von schlichter Umrisszeichnung bis zu kräftig verdichteten Kreiden. Diese zeitliche Nähe verleitet zur Spekulation, Picasso zu unterstellen, mit den unverblümten Variationen über die „Pigeons“ auch Aphrodite respektive Venus, die Göttin der Liebe, mit in beider Spiel zu bringen. Venus liebt Tauben, die nicht nur das Leben in ihrem Tempel bereichern, sie durch die Lüfte begleiten und an der Seite von Amor jenes erotisch spannungsvolle In-sich-verlieben anstiften, sondern auch, weil sie der Überlieferung nach, dereinst von Fischen aus dem Meer an Land befördert, von Tauben versorgt wird. Picassos „Pigeons“ haben somit einen mythologischen Hintergrund, vor dem der Grand-Seigneur der Kunst des 20. Jahrhunderts in abstrakten Formen das die Welt immer bewegende Thema direkt und ohne Umschweife zum Ausdruck bringt.

Werkverzeichnis

The Picasso Project 46-091; Nicht bei Zervos (vgl. jedoch motivlich die Zeichnungen Zervos 177-182 gleichen Datums)

Provenienz

Aus dem Nachlass des Künstlers; Christie's London, Impressionist & Modern Watercolors & Drawings, June 30, 1987, Lot 431 ("Deux Colombes"); Sammlung Stanley J. Seeger, USA; Sotheby's New York, The Stanley J. Seeger Collection of Works by Picasso, November 4, 1993, Lot 459 ("Deux Colombes"); Sammlung Schweiz

Literaturhinweise

Alan Wofsy, Picasso's Paintings, Watercolors, Drawings and Sculpture. A Comprehensive Illustrated Catalogue 1885-1973, Volume: Liberation and Post-War Years 1944-1949. The Picasso Project, Alan Wofsy Fine Arts, San Francisco 2000, Kat. Nr. 46-091, S. 89 mit Abb.