Frans Francken d. J. - Verschiedene Möglichkeiten Berühmtheit zu erlangen - image-1

Lot 1032 Nα

Frans Francken d. J. - Verschiedene Möglichkeiten Berühmtheit zu erlangen

Auktion 1141 - Übersicht Köln
16.11.2019, 11:00 - Gemälde und Zeichnungen 15. - 19. Jh.
Schätzpreis: 70.000 € - 90.000 €
Ergebnis: 80.600 € (inkl. Aufgeld)

Frans Francken d. J.

Verschiedene Möglichkeiten Berühmtheit zu erlangen

Öl auf Kupfer. 58 x 40,5 cm.
Monogrammiert unten links: FF F (FF ligiert).

Verso die Marke von Peeter Stas.

Verschiedene Arten Ruhm zu erlangen - der ungewöhnliche Bildtitel für diese Komposition, um 1611 zu datieren, lässt sich von einem Werk Frans Franckens des Jüngeren ableiten, das in einer Auktion im 18. Jahrhundert versteigert worden ist, und dessen Darstellung sich in verschiedenen Varianten überliefert hat (Härting 1989, op. cit., S.353-354).
In einer nächtlichen Landschaft hat sich eine Vielzahl von Figuren versammelt, die in Gruppen zusammenstehen. Im Himmel schwebt Fama, die Personifikation des Ruhms, und bläst in ihre Posaune. Unter ihr, im Bildzentrum, diskutiert angeregt eine Gruppe von Männern an einem Tisch. Dass es sich um eine gelehrte Konversation handelt, verdeutlichen ihre Gesten, aber auch die Gegenstände auf dem Tisch: die Bücher, der Globus, der Himmelsglobus, der Zirkel und die Sonnenuhr. Es sind Symbole der sieben freien Künste, dem antiken Kanon humanistischer Bildung. Schweift der Blick vom Bildzentrum nach links, sieht man einen Künstler an einer Staffelei, umgeben von Betrachtern, die über das unfertige Gemälde diskutieren. Hinter dem Künstler ragt eine Ehrensäule mit einer vergoldeten Statue in den Himmel. Weitere Gruppen von Diskutierenden ziehen sich im Mittelgrund über die gesamte Breite des Bildes. Man sieht Figuren in Trachten aus unterschiedlichen Epochen, wie man sie aus anderen Gemälden Franckens, aus alttestamentarischen und mythologischen Historien etwa, kennt. Auf der anderen Seite, am rechten Bildrand, erblickt man eine Schlacht, davor eine weibliche Figur an einem Spinett. Bei ihrem Anblick wird dem Betrachter bewusst, dass das Symbol der Musik, einer der sieben freien Künste, auf dem Tisch fehlt – sie ist durch diese Personifikation vertreten.

„(D)as bevorzugte Thema der „Liebhaber-Kabinette“ ist die Konversation. Eine dialogische Struktur durchzieht insgesamt die Darstellung. (…) Wir haben es mit einem colloquium, mit einer disputatio zu tun, oder, um den damals beliebten Ausdruck zu benutzen, mit einer Unterhaltung, einer entretien“ (Victor Stoichita, Das selbstbewusste Bild. Vom Ursprung der Metamalerei, München 1998, S. 135). Stoichitas Anmerkungen zu den Kabinett-Bildern Frans Franckens lassen sich auf das vorliegende Gemälde übertragen. Es handelt sich um eine komplexe Komposition mit zahlreichen Verweisen innerhalb des Bildes sowie auf andere Bilder - auch auf andere Werke Frans Franckens -, die eine vielschichtige Betrachtung und Deutung des Werks erlauben.
Die diskutierende Tischgesellschaft in der Bildmitte etwa lässt sich auf Giorgio Vasaris ideales Bildnis der „Sieben italienischen Dichter“ zurückführen, das bei Hieronymus Cock als Stich erschienen ist (vgl. Abb. 1) und vergleichbare niederländische Darstellungen nach sich gezogen hat. Im Vergleich zu den anderen Versionen des Themas ist diese Darstellung der Gelehrten am Tisch prominenter platziert. Überhaupt unterscheidet sich diese Komposition durch die Beschränkung auf ihre Darstellung der Künste und Wissenschaften, während die anderen Versionen etwa auch Feldherren und Herrscher zeigen.
Das Werk, an dem der Künstler arbeitet, kennen wir aus Franckens Gemälde „Malerei und Poesie (Ut Pictura Poesis)“; es handelt sich um Apoll und die Musen, die für die dichterische Inspiratio stehen. Die Figur auf der Ehrensäule wiederum stellt eine Allegorie der Fortuna oder Occasio dar, des Glücks oder der günstigen Gelegenheit, die von Francken mehrfach in wichtigen Kompositionen behandelt worden sind.

So ist also der Ruhm, den man durch die Künste und die Wissenschaften erlangt, das Thema dieses Gemäldes. Francken stellt hier eine ideale „Community“ von Künstlern, Gelehrten, aber auch Mäzenen und Liebhabern dar, die in der Schöpfung von Kunstwerken und in der Gelehrsamkeit, aber auch in der Unterhaltung über sie vereint sind. Diese Deutung wird umso interessanter, wenn man dem Hinweis Ursula Härtings folgt, wonach es sich bei der stehenden Figur mit Federhut, die den Betrachter anblickt, um ein Selbstbildnis Frans Franckens handelt (vgl. Abb. 2). Die Figur zeigt den charakteristischen Blick über die Schulter, den man von Selbstbildnissen der Epoche kennt. Wohl nicht ganz zufällig wäre dann das Monogramm des Künstlers „FF F“ („Frans Francken Fecit“) an dem Schemel angebracht, von dem sich die Figur erhoben hat. Trifft die Identifikation Härtings zu, hätte der Künstler hier einen zweifachen Auftritt: als Schöpfer eines großen Gemäldes über die künstlerische Inspiration sowie als Teilnehmer einer gelehrten Unterhaltung. Das Bild lässt sich entsprechend als selbstbewusstes (Eigen-)Lob des Künstlers verstehen, dessen Schaffen wie es bei Frans Francken tatsächlich der Fall war - auf einer umfassenden Bildung gründete und von kundigen Mäzenen gewürdigt wurde.
Das Gemälde lässt sich überdies auch als Lob Frans Franckens auf die Blüte der flämischen Malerei deuten, initiiert durch das neuartige Mäzenatentum der Statthalter, den Zwölfjährigen Waffenstillstand sowie durch eine neue Generation von Künstlern. So klart sich das Dunkel der Nacht (in das die Schlachtenszene links noch vollständig getaucht ist) von links her auf, wo der Künstler an der Staffelei arbeitet und von Mäzenen umringt ist. Fortuna (oder Occasio) steht Pate für diese künstlerische Blüte. Die Personifikation der Musik – sie steht für das neuen Zeitalter der Harmonie, welches die dunkle Zeit des Krieges ablöst –, schließt die Lektüre am rechten Bildrand entsprechend ab.

Zertifikat

Dr. Ursula Härting, Hamm, 1.10.2019.

Literaturhinweise

Zu den anderen Versionen vgl.: Ursula Härting: Frans Francken der Jüngere (1581-1642). Die Gemälde mit kritischem Oeuvrekatalog: Freren 1989, S. 353f.