Raoul Ubac - Ohne Titel (aus der Serie: Penthésilée) - image-1

Lot 11 N

Raoul Ubac - Ohne Titel (aus der Serie: Penthésilée)

Auktion 1142 - Übersicht Köln
29.11.2019, 13:30 - Photographie
Schätzpreis: 20.000 € - 25.000 €

Raoul Ubac

Ohne Titel (aus der Serie: Penthésilée)
1939

Vintage, Gelatinesilberabzug auf Agfa-Brovira-Papier. 27,2 x 39,5 cm. Rückseitig mit Bleistift datiert und beschriftet 'Groupe III, montage solarisé', mit Tinte beziffert '12' sowie von fremder Hand bezeichnet. Unikat - Unter Passepartout montiert.

In seiner surrealistischen Phase stellte die Photographie für Raoul Ubac ein wichtiges künstlerisches Medium dar. 1933 begann er, sich mit der Photographie zu beschäftigen, 1934 richtete er sich seine erste Dunkelkammer ein. Ubacs Arbeit an seiner „Penthésilée“-Serie, basierend auf der tragischen Frauengestalt aus der griechischen Mythologie, die Heinrich von Kleist in seinem Trauerspiel bearbeitete, datiert ins Jahr 1937: Penthesilea, die Königin der Amazonen, gerät, als sie sich in Achill verliebt, in Konflikt mit den Gesetzen ihres eigenen Volkes, das keine Männer unter sich duldet. Um ihn für sich als Liebhaber gewinnen zu können, ohne die eigenen Gesetze zu brechen, muss sie ihn im Kampf bezwingen. Eine Verkettung tragischer Umstände führt dazu, dass sie ihren Geliebten im Wahn tötet und ihm schließlich - als sie das Ausmaß Ihrer Tat erkennt - in den Tod folgt. Es geht in dem Stück um Sexualität und Gewalt, Vernunft, Wahnsinn und Tod, Themen, die Ubac und die Surrealisten in seinem Umfeld intensiv beschäftigten.
Als Ausgangsmaterial für die hier vorliegende Photographie aus der „Penthesilée“-Serie dienten Ubac Aktaufnahmen, die er von seiner Frau Agui und einer gemeinsamen Freundin angefertigt hatte. Der Abzug ist das Ergebnis eines komplexen Montageprozesses. Mit Hilfe der Solarisation, der Überlagerung, Spiegelung und dem Gegeneinanderverschieben von Diapositiven und Negativen erzeugte Ubac die besondere, reliefartige Wirkung der Photographie. „Ubac hatte durch ein ingeniöses Experimentieren mit den physiko-chemischen Grundlagen der Fotografie ein Verfahren gefunden, das ihm erlaubt, die gewohnte Phänomenologie des Fotos um ganz neue Ausdrucksebenen zu erweitern. André Breton war voller Begeisterung und bildete zwei Exemplare aus der Reihe Combat de Penthésilée 1939 im Anhang seines Aufsatzes 'Des tendances plus récentes de la peinture surréaliste' in der Zeitschrift Minotaure ab. Sie galten als Beweisstücke für die These, dass die Fotografie als Ausdrucksmittel einer surrealistischen Weltsicht nicht weniger tauglich sei als Malerei und Graphik.“ (zit. nach Herbert Molderings: Ubac und die Fotografie des Formlosen, in: Adam C. Oellers, Raoul Ubac. Skulpturen. Gemälde. Zeichnungen. Photographien, Ausst.kat. Suermondt-Ludwig-Museum Aachen u.a., Aachen 1996, S. 32)

Werkverzeichnis

WVZ 70

Provenienz

Nachlass Raoul Ubac; Sammlung Dorothy und Eugene Prakapas, New York

Literaturhinweise

Christian Bouqueret, Raoul Ubac. Photographie, Paris 2000, S. 238 mit Abb.