Lot 84 D

Das Werk des belgischen Surrealisten Marcel-G. Lefrancq ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Ausgebildet als Ingenieur, beginnt er in den 1930er Jahren, sich autodidaktisch mit der Photographie zu beschäftigen und wird 1938 Mitglied der surrealistischen Künstlergruppe „Rupture“. In seinen experimentellen Arbeiten - Photomontagen, Photogrammen, Doppelbelichtungen sowie vor und für die Kamera inszenierte Aktaufnahmen und Stillleben - lotet er das poetische Potential des Mediums Photographie aus. Die erotisch aufgeladenen Photocollagen seiner Serie Les onzes mois de la bonne année entstehen zwischen 1939 und 1945. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist er 1945 mit vierzehn Arbeiten an der wichtigen Ausstellung „Surréalisme“ in der Galerie des Éditions La Boétie in Brüssel beteiligt. Große Aufmerksamkeit erzielt er mit seinen 1948 erschienen Portfolio Aux Mains de la Lumière (vgl. Lots 85 - 87), in dem er seinen Photographien acht seiner Gedichte zur Seite stellt. Die Photographie Lefrancqs „darf in einem Atemzug genannt werden mit den Leistungen eines Man Ray oder Ubac […], auch wenn Lefrancq niemals einen solchen Anspruch erhob. […] aber die Tatsache behält ihre Gültigkeit, dass seine Arbeit ihrem objektiven Wert nach vollkommen repräsentativ ist für die verschiedenen Strömungen innerhalb der surrealistischen Photographie zwischen 1935 und 1975.“ (zitiert nach: Édouard Jaguer, Surrealistische Photographie. Zwischen Traum und Wirklichkeit, Köln 1982, S. 118f.)