Paul Thek
Brummkreisel
Um 1969/1970
Kreisel, Blech und Kunststoff, mit Lack bemalt. Höhe ca. 25 cm. In Original-Karton (mit Gebrauchsspuren). - Mit geringfügigen Altersspuren.
Das Werk von Paul Thek ist extrem komplex, jede Einzelheit voller Geschichten, aufgeladen mit privaten Erlebnissen, verbleibenden Relikten einer raumgreifenden Künstlichkeit. Für Ausstellungen zur Verfügung stehende Galerien verwandelt Thek in temporäre Ateliers, in Museumsräumen etabliert der Künstler Labyrinthe und Lebensräume, in dem Fluxus und Dada im surrealen Environment zusammenfinden. Die Jahre 1969 bis 1974 sind für Paul Thek außerordentlich erfolgreich, Persönlichkeiten der Ausstellungswelt wie Harald Szeemann, Christoph Ammann oder Pontus Hultén fördern den New Yorker, dessen ungewöhnliche Inszenierungen den kunst- und kulturpolitischen Begriff ‚Installation' prägen. So installiert Thek 1972 zunächst in der Essener Galerie M. E. Thelen „A Station of the Cross“, eine begehbare ‚Kapelle', die der Künstler nach der Ausstellung in der Dachkammer eines Essener Wohnhauses erneut einrichtet. Sie ist konstruiert aus extrem fragilen Materialien mit Wänden aus Dachlatten, Maschendraht, bepinseltem Zeitungspapier und mit blau bemalter Plastikfolie am Boden. Birkenstämme, bemalte Steine, wie Geschenke eingepackte Kartons, Blumen, etwa Tulpen und Lilien, Spielsachen, eine Südseemuschel mit integriertem Leuchtmittel sowie ein Kassettenrekorder mit klassischer Musik von Beethoven, dekorieren die Kreuzwegstation des Leidens Christi. Auch ein Musikkreisel wie dieser spielt in der Installation eine zentrale Rolle. Einem Ondit zufolge entdeckt Paul Thek wohl 1969 einen Spielzeugladen in Amsterdam, dessen Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe den Künstler animiert, unter anderem mehrere Musikkreisel der Marke Choral (Fuchs) zu erwerben und mit weißen Punkten aus Öllack zu verzieren. Nicht alle Musikkreisel finden in den Installationen sogleich einen bleibenden Ort, sondern warten wie dieser, im originalen Karton verpackt, vergeblich auf seinen musikalischen Einsatz in dem verspielten, in jeder Hinsicht phantastischen Bilderkanon Paul Theks.
MvL
Provenienz
Direkt vom Künstler; Galerie Jöllenbeck, Köln; Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen