Tabatière mit Émail de Saxe - image-1

Lot 139 Dα

Tabatière mit Émail de Saxe

Auktion 1150 - Übersicht Berlin
16.05.2020, 12:00 - Preußen-Auktion
Schätzpreis: 1.500 € - 2.000 €
Ergebnis: 1.875 € (inkl. Aufgeld)

Tabatière mit Émail de Saxe

Farbiges Maleremail über weißem, auf Kupfer, vergoldetes Blech, Silbermontierung. Auf muschelförmigem Grundriss, mit gebauchter Wandung und leicht gewölbtem Deckel. Darauf, in einer reliefierten Goldkartusche, eine Landschaft mit Figuren. Ähnlich auch umlaufend und auf dem Boden. Innen vergoldet. Deckel restauriert. H 3, B 7, T 5,6 cm.
Berlin, Vertrieb/Produktion (?) Alexander Fromery, um 1740, der Dekortypus Christian Friedrich Herold, zugeschrieben.

Tabak in der Tasche

Tabak zu schnupfen ist heute aus der Mode. Es wird geraucht, aber nicht mehr geschnupft oder gekaut. Die Tabakpflanzen, aus denen all die dafür notwendigen Produkte gefertigt wurden, kamen mit Christoph Kolumbus um 1500 nach Europa. Der europäische Adel übernahm die Aufgabe, das Konsumieren der neuen Pflanzen zu testen. Katharina von Medici, ab 1547 Königin von Frankreich, benutzte das Kraut wirkungsvoll gegen ihre Migraine, und so erhielt es den Namen „poudre de la reine“. In der Zeit Shakespeares war der Tabak bereits ein bezahlbares Genussmittel für viele. Eine entscheidende Konsumsteigerung erfuhr der Tabak am Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Engländer kaperten amerikanische Schiffe mit Ballenschnupftabak, die sie mit Parfums veredelten. Nach der Vereinigung des Königreichs mit Schottland 1707 wurde Glasgow zum Hauptumschlagsplatz in Europa und belieferte alle Häfen. Da der Tabak von den Händlern lose im Säckchen verkauft wurde, benötigten die Konsumenten kleine Dosen, in die der Tagesverbrauch abgepackt werden konnte. Die waren meistens aus leichtem Blech, das im besten Fall gestanzte Verzierungen hatte. Der Adel konnte sich kostbarere Dosen leisten, aus Gold, Halbedelsteinen oder Porzellan. Im Gegensatz zur französischen Noblesse, die Gold- oder Silberdosen bevorzugte, schnupfte der Deutsche meist aus Messing- oder Porzellandosen. Das berühmteste Berliner Produkt, das europaweit vertrieben wurde, war die farbige Emaildose der Manufaktur Fromery, für die auch der Meißener Maler Christian Friedrich Herold arbeitete (was die Porzellanmanufaktur nicht so gerne sah, auch weil er die Purpurfarbe aus Manufakturbeständen wiederholt stahl - und deswegen auch mit Gefängnis bestraft wurde). Pierre Fromery (1679 - 1738) war ursprünglich Goldschmied, hat sich aber dann auf die Produktion von emailliertem Kupfer mit Goldauflagen spezialisiert und einen großen Vertrieb für Galanteriewaren (Bürsten, Tabakdosen, Flakons) gegründet, der nach seinem Tod von seinem Sohn Alexander übernommen wurde. Nach dem für die Preußen glücklichen Ende des Siebenjährigen Kriegs 1763 steigerte die Firma Fromery ihren Umsatz von Tabakdosen mit Kriegsmemorabilia erheblich. Möglicherweise wurden die Dosen auch als Geschenke an verdienstvolle Soldaten vergeben. Als nun das gesamte Volk schnupfte, schneuzte oder spuckte, begann die feine Gesellschaft um 1800 stattdessen Zigarren und Pfeife zu rauchen. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Zigaretten gerollt.

Provenienz

Aus süddeutschem Adelsbesitz.

Literaturhinweise

Vgl. Weinhold, Emailmalerei, München-Berlin 2000, S. 157 ff.