Lot 934 D α

Seltene Figur eines Zwergs

Auktion 1152 - Übersicht Köln
29.05.2020, 14:00 - Kunstgewerbe
Schätzpreis: 6.000 € - 8.000 €

Seltene Figur eines Zwergs

Porzellan mit leicht grauem Scherben, polychromer Emaildekor. Stehende Figur eines kleinwüchsigen buckligen Mannes auf flachem Schollensockel. In einem dicken Mantel mit weiten Ärmeln, hohen Stiefeln und großkrempigen Hut. Restaurierter Bruch im rechten Bein und linken Fuß, minimale Chips am Hutschmuck. H 9,6 cm.
Cozzi, zugeschrieben, um 1770.

Das Amt des sogenannten "Hofzwergs" gehörte viele Jahrhundert lang zu den fest etablierten Chargen an europäischen Herrscherhöfe. Für einen kleinwüchsigen Mann war der Broterwerb nicht einfach, und Hofnarr des Landesherrn zu sein, bedeutete ein sicheres Einkommen. Seine Aufgabe war der Belustigung und auch dem Spott des Herrschers und seines Gefolges zu dienen. Die Figur des Zwergs skizzierte man im 18. Jahrhundert meist satirisch mit deutlicher Übertreibung ins Groteske, wie die Radierungen "Varie Figure Gobbi", des lothringischen Stechers und Radierers Jacques Callot (1592 - 1635) dokumentieren. Die hier vorgestellte Porzellanfigur geht womöglich zurück auf Callots Vorlagen oder auf die Kupferstiche der 50 Blatt starken Serie "Calloto resuscitato oder neueingerichtetes Zwerchen Cabinet", 1710 von Martin Engelbrecht in Augsburg publiziert (Vgl. Rijksmuseum, Inv.Nr. BI-B-FM-078-48). Sie zeigen, angelehnt an die Radierungen Callots, ganzseitige Darstellungen von weiblichen und männlichen Zwergenfiguren als ethnische Prototypen. Die Stiche beeinflussten zahlreiche Bildhauer und Modelleure der europäischen Porzellanmanufakturen.

Die Herkunft der Modell für die Vielzahl der in den europäischen Manufakturen produzierten Zwergenfiguren, ist bis dato nicht eindeutig zu klären. Bereits 1725 stellte die Meissener Manufaktur verschiedene Serien der Zwerge, auf unterschiedlichen Postamenten her, meist ohne diese mit einer Marke zu versehen.
Es ist zu vermuten, dass die Manufakturen Gipsmodelle aus Augsburg erhielten, die auch Verwendung bei Juwelieren und Kunsthandwerkern des 18. Jahrhunderts fanden.

Provenienz

Giuseppe Gatti Casazza (1870 - 1947), Venedig.
Verst. Christie's Mailand am 5. März 2005, Lot 644.
Kopenhagener Privatsammlung.