Rupprecht Geiger - 424/65 - image-1

Lot 41 D

Rupprecht Geiger - 424/65

Auktion 1155 - Übersicht Köln
19.06.2020, 18:00 - Moderne und Zeitgenössische Kunst - Evening Sale
Schätzpreis: 50.000 € - 60.000 €

Rupprecht Geiger

424/65
1965

Öl auf Leinwand. 137 x 147 cm. Gerahmt. Rückseitig auf der Leinwand signiert und datiert 'Geiger 65'. Rückseitig auf dem Keilrahmen mit Werknummer "424/65" sowie mit Richtungspfeil und -angabe. - Mit Atelierspuren und den für Rupprecht Geiger typischen Frühschwundrissen.

„Man muss der Farbe helfen“, so der Farbmaler des 20. Jahrhunderts Rupprecht Geiger. Dieses für sein Werk grundlegende Manifest realisiert Geiger in den 1960er Jahren durch eine besondere Maltechnik, mit der er wie bei diesem Gemälde mit einem nahezu pastosen, im weiteren Sinn nicht „gemalten“, eher getupften Auftrag eine feine, flache materielle Struktur erzeugt. In Geigers Bild-Oberflächen lassen sich so Landschaften assoziieren, spitz modulierte Hügel wechseln mit Tälern; das Licht bricht sich in dem schuppigen, matten Farb-Gefüge und intensiviert den Ton der Farbe in ihren Brechungen zu Kraftfeldern. So entwickelt Geiger seine Malerei wie Bildarchitekturen aus Farbe und Licht, mit einem Oben und einem Unten. Nicht nur hierin unterscheiden sich Geigers Arbeiten damals von der glatten wie geschlossen monochromen Malerei eines Ellsworth Kelly, Barnett Newman oder Ad Reinhard. Und tatsächlich kreiert Geiger mit der Horizontalen und den beiden konkurrierenden Farbfeldern einen imaginären Raum und unterstützt in der Gleichmäßigkeit des Auftrages dessen Schwingung. Aber „wie sieht Farbe wirklich aus?“ Diese Frage stellt sich Geiger eingangs in der 1975 erschienenen Anthologie zu seinen theoretischen Überlegungen und beantwortet sie sogleich selbst: „Farbe kann nicht richtig gesehen werden, wenn wir sie anschauen ist sie oft nur ein Symbol für eine Stimmung, vermittelte Illusion. Um Farbe wirklich zu sehen muss man die Augen schließen und an sie denken.“ (Rupprecht Geiger, Farbe ist Element, Düsseldorf 1975, o.S.). Die Bilder Geigers wenden sich mehr und mehr ins Absolute, gewinnen an direkter Körperlichkeit und erweitern den theoretischen Ansatz. Die luminöse Kraft der Farben verstärkt Geiger in tonalen Abstufungen, eine Nuance von Orange und Rosa im zarten Verlauf unterstützt hier das Rot in einem imaginären Violett in ungebrochener wie einzigartiger Signifikanz, im kräftigen Kontrast zu einem gebrochenen Weiß. Den hohen Anspruch Geigers an die magische Wirkung der Farben hat sich der Künstler mit diesem Bild grandios erfüllt.

Werkverzeichnis

Rupprecht Geiger-Gesellschaft, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (Hg.), Rupprecht Geiger, Werkverzeichnis 1942-2002, München 2003, WVZ-Nr. 405 (Werkverzeichnis von Pia Dornacher und Julia Geiger)

Provenienz

Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen

Ausstellung

Düsseldorf 1967 (Städtische Kunsthalle), Rupprecht Geiger, Malerei, Graphitzeichnungen, Ausst.Kat.Nr.27, S.26 mit Farbabb.
Hannover 1967 (Kestnergesellschaft), Rupprecht Geiger, Ausst.Kat.Nr. 28, S.45 mit Farbabb. (mit rückseitigem Aufkleber)