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Lot 47 Dα

August Macke - Spaziergänger auf der Brücke (Spaziergang am See)

Auktion 1155 - Übersicht Köln
19.06.2020, 18:00 - Moderne und Zeitgenössische Kunst - Evening Sale
Schätzpreis: 30.000 € - 40.000 €
Ergebnis: 36.250 € (inkl. Aufgeld)

August Macke

Spaziergänger auf der Brücke (Spaziergang am See)
Wohl 1914

Tuschfederzeichnung auf glattem Papier 15,9 x 20,8 cm (Darstellung 14,8 x 13,7 cm) Unter Glas gerahmt. Rückseitig mit dem ovalen Nachlass-Stempel (Lugt 1775b) sowie datiert und betitelt "Spaziergang am See 1913". Rückseitig auf dem Unterlagekarton nochmals mit dem Nachlass-Stempel sowie datiert, betitelt und bezeichnet "August Macke Spaziergang am See 1913". - Rückseitig mit einer abstrakten Bleistiftstudie, teils mit Farbstiften koloriert. - Im Passepartout-Ausschnitt leicht gebräunt, kleine Randmängel.

Nach dem intensiven Engagement für den "Ersten Deutschen Herbstsalon" bei Walden in Berlin, der am 20. September 1913 eröffnete, zog August Macke mit seiner Familie Ende des Monats in die Schweiz zu einem längeren Aufenthalt am Thuner See. Biographisch wie künstlerisch zählt diese Zeit, um 1913/1914, zu den glücklichsten und fruchtbarsten seines kurzen Lebens. Die enge Nachbarschaft zum Ehepaar Louis und Helene Moilliet und die Verbindung zu Paul Klee, der mit Lily Klee Anfang Januar 1914 die Familie Macke in Hilterfingen besuchte, sollten die Pläne der Künstler für eine Tunisreise im Frühjahr 1914 konkretisieren. August Macke befand sich auf dem Höhepunkt seiner persönlichen malerischen Entwicklung - die in Hilterfingen entstandenen Bilder gehören zu seinen "wichtigsten" und "qualitätsvollsten" (Ernst-Gerhard Güse). Auch sein zeichnerisches Werk gewinnt substantielle Bedeutung und etabliert sich als ein den Gemälden gleichrangiges Mittel der Gestaltung.
Die reizvolle Tuschfederzeichnung "Spaziergänger auf der Brücke" mit dem Motiv des eleganten, flanierenden Paares unter Bäumen weist thematische wie stilistische Verwandtschaft zu zwei grösseren musealen Kreidezeichnungen von 1914 auf, wobei sie, wie Ursula Heiderich einräumt, jenen vorausgehen könnte (vgl. die Kompositionen "Spaziergänger im Park", 31,5 x 40 cm, Franz Marc Museum, Kochel a. See, Heiderich 2420 (s. auch unsere Vergleichsabbildung) und "Spaziergänger unter Bäumen", 34,5 x 29,8 cm, ehemals Städtisches Kunstmuseum Bonn, Heiderich 2419 - s. auch Lempertz, Auktion 1059, 27.11.2015, Los 306). Die letztgenannten Kreideblätter situieren die Flaneure innerhalb eines weiter gefassten Panoramas, das an Fribourg denken lässt, zu dem August Macke nachweislich im März des Jahres mit Bernhard Koehler aufgebrochen war. Der Künstler verwob dabei kompositorisch einzelne Elemente und Motive innerhalb je eigener und veränderter Bildorganismen. Mackes Motiv der Spaziergänger unter Bäumen fand interessanterweise in seiner Darstellung des Bonner Hofgartens schon eine frühe Vorprägung (1904), vor allem aber das Paris-Erlebnis im Jahr 1907 findet einen vergleichbar figurativen Niederschlag in den Skizzenbüchern (Ursula Heiderich, Zur Zeichenkunst August Mackes, in: Ausst. Kat. August Macke. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Münster/ Bonn/ München 1986/1987, vgl. S. 119, 121).
"Spaziergänger auf der Brücke" zeigt als Tuschfederzeichnung eine konzentrierte Komposition von vignettenhaftem Ausschnitt, dennoch formal verdichtet und sehr geschlossen wirkend durch eine leicht achsiale Symmetrie. Das Motiv entwickelt insgesamt eine geometrisierte Struktur und eine Tiefenperspektive durch eine fast gleichlaufende Aus- und Einwärtsbewegung der zeichnerischen Elemente in der Fläche. Sie zeigt die Auseinandersetzung mit dem Kubismus wie auch die Rückseite des Blattes - mit linear geschwungenen Strichen und segmentaler Kolorierung - die Beschäftigung August Mackes mit rein abstrakter und ornamentaler Darstellung.

Werkverzeichnis

Heiderich Zeichnungen 2421 ("Spaziergänger auf der Brücke", datiert auf 1914, ohne Maßangaben)

Provenienz

Ehem. Privatsammlung Nordrhein-Westfalen/USA; seitdem Familienbesitz Hessen