Asger Jorn - En place pour le rite - image-1

Lot 77 D

Asger Jorn - En place pour le rite

Auktion 1155 - Übersicht Köln
19.06.2020, 18:00 - Moderne und Zeitgenössische Kunst - Evening Sale
Schätzpreis: 40.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 137.500 € (inkl. Aufgeld)

Asger Jorn

En place pour le rite
1957

Öl auf Leinwand. 60,5 x 50 cm. Gerahmt. Signiert 'Jorn'. - Mit Atelier- und leichten Altersspuren.

„Wenn Jorn vor tausend Jahren gelebt hätte, wäre er einer der wandernden Sagenerzähler gewesen, immer bereit, die Wirklichkeit zu mythologisieren und die Verhältnisse der Dinge untereinander zu entdecken… Mit Jorn dringen wir in die kosmische Unendlichkeit der Nacht, wo die kleinen Kreaturen, die winzigen Viecher herumzappeln, um am großen Drama teilzunehmen, dem unausweichlichen Drama der Seher, d.h. derer, die versuchen, sich von den materiellen und geistigen Todeskräften dieser Welt loszureißen. Malend versucht er sich mit Aggressivität im Hinblick auf einen Ausdruck zu vervollkommnen: so gelingt es ihm, neue Seiten von unbegrenzten Möglichkeiten anzuschlagen… Jorn entfernt uns von Klee, um uns Poe anzunähern“, so charakterisiert Egill Jacobsen, Landsmann und COBRA-Mitstreiter, die Kunst Asger Jorns (Egill Jacobsen, zit. nach: Asger Jorn 1914-1973, Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle, Gouachen, Skulpturen, Ausst.Kat. Lenbachhaus München 1987, S.29).
Der Titel des angebotenen Werkes „En place pour le rite“ scheint sich unmittelbar auf die beschriebene Neigung Jorns zu abgründig-geheimnisvollen Themen und auf seine Beschäftigung mit der nordischen Mythologie zu beziehen. Jedoch ist von dunklen rituellen Handlungen bei Betrachtung des Bildes nichts zu erahnen. In lichten Farben bildet sich hier eine wulstige Kopfform aus den Farbschlieren heraus - ein Motiv, das sich in ähnlicher Form vielfach in seinen Werken ab Mitte der 1950er Jahre findet. Viele dieser Kopfmotive sind als Porträts betitelt. Andere hingegen scheinen, wie auch unser Werk, mit ihrem Bildtitel die Porträthaftigkeit widerlegen zu wollen, etwa „Avant les vacances“, 1956 (Atkins Supplement, S.101) oder „Le monde perdu“, 1960 (Atkins 1239). Sie sind eindrückliche Beispiele für das beständige Experimentieren mit Sehgewohnheiten und Deutungsmöglichkeiten, die das künstlerische Schaffen Asger Jorns ebenso bestimmen wie die von ihm eingeforderte Neugier dem Unbekannten gegenüber.

Werkverzeichnis

Guy Atkins, Asger Jorn, The crucial years, 1954–1964, London 1977, WVZ-Nr. 1051

Zertifikat

Die vorliegende Arbeit ist im Archiv des Museum Jorn, Silkeborg, registriert.

Provenienz

Sotheby's, London, 03.12.1993, Lot 159; Galerie Michael Haas, Berlin (mit rückseitigem Aufkleber); Privatsammlung, Bayern