Karl Otto Götz
Ohne Titel (9.5.1954)
1954
Mischtechnik auf Leinwand. 81 x 100 cm. Gerahmt. Signiert 'K. O. GÖTZ'. Rückseitig auf der Leinwand signiert und datiert 'K. O. GÖTZ 9.5.1954'. - Mit leichten Altersspuren.
Von den surrealistisch-abstrakten Figuren nach dem Vorbild von Max Ernst und Willi Baumeister, die sein Frühwerk prägen, gelangt Karl Otto Götz Anfang der 1950er Jahre zu einer eigenständigen, informellen Ausdrucksweise. Durch Verwendung einer sehr flüssigen Mischtechnik mit Kaseinfarben und der halbautomatischen Arbeitsweise der Surrealisten erreicht der Künstler eine völlig neue freie Bildfindung. Das schnelle, gestische Arbeiten nach vorhergehender Meditation lässt autonome Geflechte aus Schwüngen, Schlieren und Tropfen entstehen, die Formen lösen sich auf, Zufall und Intuition bestimmen das Bild. Die ineinanderfließenden Pinsel- und Rakelspuren konservieren die atemlose Dynamik des Entstehungsprozesses, der Blick des Betrachters folgt unwillkürlich ihren rasanten Bewegungen. Die Arbeiten, die seit 1952 entstehen, besitzen trotz ihrer Transparenz und Vielschichtigkeit keinen definierten Bildvorder- oder -hintergrund mehr. Eine Raumwirkung wird von Götz ausdrücklich nicht angestrebt. Seine Kompositionen verweisen auf nichts als sich selbst und lassen dennoch an die Verbildlichung physikalischer Phänomene denken, an Luftströme, Flugbahnen, Verwirbelungen, Explosionen. Tatsächlich liegen den Werken seit 1954 verschiedene, schwer benennbare Bildschemata zugrunde, die das halbautomatische Arbeiten in bestimmte Richtungen lenken.
Seit 1950 reist Götz ebenso wie sein Malerkollege Bernard Schultze regelmäßig nach Paris, dem damaligen Zentrum der europäischen Avantgarde. Die in den Pariser Galerien ausgestellten Werke internationaler Informelkünstler, wie Willem de Kooning, Jackson Pollock, Guiseppe Capogrossi und Georges Mathieu, haben eine überwältigende Wirkung auf Götz und Schultze und werden wegweisend für ihre künstlerische Entwicklung. In den kommenden Jahren macht sich Götz maßgeblich um die deutsch-französischen Kunstbeziehungen verdient. Das Jahr 1954, in dem die hier angebotene Arbeit entsteht, markiert einen Meilenstein in seiner künstlerischen Laufbahn: Die Pariser Galerie Creuze richtet seine erste aufwendig initiierte Einzelausstellung aus, die für den Künstler zu einem großen Erfolg wird.
Werkverzeichnis
Ina Ströher, Karl Otto Götz, Werkverzeichnis, Bd.1, Köln 2014, WVZ-Nr. 1953-57 (mit irrtümlichem Titel und Maßangaben)
Provenienz
Galleria L'Attico, Rom (mit rückseitigen Aufklebern); Privatsammlung, Hessen
Literaturhinweise
Karl Otto Götz, Erinnerungen und Werk, Bd.1a, Düsseldorf 1983, Kat.Nr.688, S.610 mit Farbabb.
Ausstellung
Dresden 1994 (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum Gemäldegalerie Neue Meister), Karl Otto Götz, Malerei 1935-1993, Ausst.Kat.Nr.21, S.217, S.97 mit Abb.
Rom 1982 (Galleria L'Attico), Informale tedesco anni '50. Buchheister, Götz, Hoehme, Schultze, Hiltmann, Ausst.Kat.Nr.10, o.S. mit Abb.
Rom 1962 (Galleria L'Attico), Karl Otto Götz, Ausst.Kat., o.S. mit Abb.