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Lot 404 Dα

Zylinderbüro von David Roentgen

Auktion 1159 - Übersicht Köln
13.11.2020, 17:00 - Fit For A King - Abraham und David Roentgen
Schätzpreis: 180.000 € - 200.000 €

Zylinderbüro von David Roentgen

Zitronenholz, Mahagoni, Buchs, Birne, Nuss, Ahorn und gefärbte Hölzer auf Eiche und Weichholz, goldgeprägtes Leder (ersetzt), vergoldete Bronze- und Messingbeschläge. Zarge mit Kniehöhle und fünf optischen Schüben auf abschraubbaren, verjüngten Vierkantbeinen. Die beiden seitlichen Schubreihen nach außen aufklappbar, dahinter jeweils zwei weitere Schübe. Der Zylinder durch Herausziehen der Platte zu öffnen, dahinter eine Bogenarchitektur, drei Schübe hinter den Treppen, mittels Federmechanismus zu öffnen. Analog drei Gesimsschübe, die beiden äußeren mit Knopfgriffen, der mittlere mit Schloss, mit seiner überstehenden Front die Seitenschübe verriegelnd. Auf dem Blatt umlaufende Galerie aus Furnier und gesägtem durchbrochenem Messing. Ungewöhnliche Furniergestaltung mit Blenden aus Rosen- und Ebenholz, kontrastierend zu den vergoldeten milleraie-Bändern. Auf dem Zylinder eine äußerst fein intarsierte chinoise Gartenlandschaft mit sieben großen Figuren, alle Konturen und Schattierungen markettiert. Restauriert. H 129, B 119, T 66 cm.
Aus der Pariser Roentgen-Werkstatt, um 1780 - 85.

Die Chinoiserie findet sich in gleicher Form auf mehreren ähnlichen Möbeln. Zumindest das zentrale Motiv ist auf eine Vorlage von Jean Pillement zurückzuführen, wurde von Januarius Zick (1730 - 1797) für die Neuwieder Werkstatt interpretiert und gezeichnet, die Werkszeichnung ist vermutlich Johannes Juncker zuzuschreiben. Als das bedeutendste Möbel mit diesem Motiv könnte das Zylinderbureau mit Aufsatz in der Sammlung Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen Berlin (Inv.Nr. 1910,49) bezeichnet werden. Die französische Königin Marie Antoinette soll es 1779 Papst Pius VI. geschenkt haben. Ein weiteres Zylinderbüro mit derselben Chinoiserie befindet sich in der Sammlung The Metropolitan Museum of Art New York (acc.no. 41.82). Und ein früherer Rollschreibtisch mit dem Motiv steht im Residenzmuseum München. Das hier vorgestellte Möbel ist in der unmittelbaren Nachfolge dieser Stücke zu sehen, wie diese ein Unikatmöbel mit einem hohen Prestigeanspruch.

Die Sammlung Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen Berlin, besitzt auch ein Zylinderbüro (Inv.Nr. W-1989,40), das in den Zusammenhang mit der Pariser Produktion von David Roentgen gesetzt wird. Während Greber 1948 das Pariser Kapitel noch mit Slogan "Frankreichs Ebenisten überboten" betitelt, beschreibt Achim Stiegel 2007 die Schwierigkeiten, die David hatte, als er in der französischen Hauptstadt als Ebenist Fuß fassen wollte.
„Seit seinem erfolgreichen Pariser Auftritt im Frühjahr 1779 trug David Roentgen den prestigevollen Titel eines „Mécanicien privilégié du Roi et de la Reine“. Schon im Frühsommer schickte er ein weitere „Parthie neuer Arbeit“ in die Stadt, richtete ein Warenlager ein und stellte ihm als Geschäftsführer seinen „comis“ Johann Gottlieb Frost voran. Obwohl David Roentgen im Verlauf des Jahres eine bedeutende Anzahl auch bestellter Stücke an den König und die Königin verkaufte und er mit dem österreichischen Gesandten Mercy d'Argenteau über sehr gute Kontakte verfügte, führten seine diplomatischen Bemühungen nicht zu dem erhofften Privileg, seine Möbel gegen den Widerstand der Pariser Ebenisten ohne „schwere Kosten“ nach Paris einführen und in der Stadt verkaufen zu können. Eine vorübergehende Lösung bot der Verkauf in Kommission bei dem Händler Brébant in der Rue St. Martin, einem der Luxuswarenhändler (Merchands-Merciers) der Stadt. Im Mai 1780 erwarb David Roentgen für nahezu 1.000 Livres (ca. 330 Gulden) das kostspielige Meisterrecht der Pariser Gilde der Ebenisten und konnte fortan seine Möbel unter eigenem Namen verkaufen. Wie eine Anzeige vom Januar 1781 und seine Visitenkarte belegen, führte er sein Geschäft in der Rue de Grenelle nahe der vornehmen St. Honoré und offerierte dort ein umfangreiches Sortiment: „Schreibtische verschiedener Formen, Kabinettsessel, Toilettentische, Geldschränke, Mechanismen, Klaviere, Quadrilletische, Tricktracktische und andere“. Die Stücke waren von „dernière perfection“, folgten dem neuen Geschmack und waren “aus Mahagoni sorgfältig ausgeführt und poliert wie Marmor.“ Im Dezember 1785 übergab David Roentgen das Geschäft an Gottlieb Frost, der es in die Rue Croix des Petits-Champs verlegte, dort eine Werkstatt mit zehn Arbeitern führte und bis zu seinem Konkurs im Sommer 1789 fortfuhr, „Möbel zu verkaufen, die wegen ihrer Form und ihrer Politur sehr gesucht“ waren.
Wie alle in Paris zugelassenen Ebenisten unterlag Roentgen damit den Kontrollbestimmungen der Pariser Gilde, die vorsahen, alle Waren ihrer Mitglieder durch möglichst untilgbare Namensstempel auszuweisen. Offenbar jedoch war diese seit spätestens 1751 gültige Regelung durch die Privilegien der Luxuswarenhändler nur schwer zu kontrollieren, denn trotz seiner über neun Jahre nachgewiesenen Tätigkeit in Paris ist für David Roentgen bisher nur ein einziges Möbel mit einem solchen Schlagstempel, (…) bekannt geworden.“

Provenienz

Sammlung Arnault, Paris.
Kunsthandel Albrecht Neuhaus, Würzburg.
Galerie de Beisac, Wiesbaden.
Verst. Koller, Zürich, 13.-19. Juni 1985, Lot 1172.
Privatsammlung Kopenhagen.
Verst. Bruun Rassmussen, Kopenhagen, 21. September 2016, Lot 195.
Privatbesitz Brüssel.

Literaturhinweise

Abgebildet bei Fabian, Roentgenmöbel aus Neuwied, Bad Neustadt, 1986, Abb. 684 - 686.
Abgebildet bei Fabian, Abraham und David Roentgen. Das noch aufgefundene Gesamtwerk ihrer Möbel- und Uhrenkunst in Verbindung mit der Uhrmacherfamilie Kinzing in Neuwied. Leben und Werk, Verzeichnis der Werke, Quellen, Bad Neustadt 1996, Nr.2, S. 269.
S.a. Fabian, Ein Rollschreibtisch aus der Roentgenwerkstatt von Gottlieb Frost in Paris (?), in: Schriften zur Kulturwissenschaft, 41/1986.
S.a. Greber, David Roentgen, Neuwied 1948, S. 84 ff.
S.a. Stiegel, Präzision und Hingabe. Möbelkunst von Abraham und David Roentgen, Berlin 2007, Nr. 6, S. 72 ff.
S.a. Koeppe, European Furniture in The Metropolitan Museum of Art: Highlights of the Collection. New York, 2006, pp. 172-76, no. 72.
S.a. Gruber, Chinoiserie. In the History of Decorative Arts: Classicism and the Baroque in Europe, New York 1996, S. 256, 275 ff.