Alfred Kubin - Aschermittwoch - image-1

Lot 118 D

Alfred Kubin - Aschermittwoch

Auktion 1162 - Übersicht Köln
08.12.2020, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 70.000 €
Ergebnis: 91.250 € (inkl. Aufgeld)

Alfred Kubin

Aschermittwoch
Um 1922

Aquarell und Tuschfederzeichnung auf Bütten (Rückseite einer Katasterkarte) 39,5 x 31,6 cm Unter Glas gerahmt. Unten rechts mit Tusche signiert 'Kubin', unten links mit Bleistift betitelt 'Aschermittwoch'. - Im Rand gebräunt und mit vereinzelten Stockflecken.

Wie kaum einem Künstler der Moderne gelingt es Alfred Kubin die sozialen Realitäten des Alltags mit den unterschiedlichsten Fiktionen und Traumbildern organisch ineinander übergehen zu lassen. In einem Brief an seinen Künstlerfreund Fritz von Herzmanovsky-Orlando bezeichnet sich Kubin 1908 selbst als „Organisator des Ungewissen, Zwitterhaften, Dämmerigen, Traumartigen“ und tatsächlich offenbaren sich seine Werke dem Betrachter als abgründiges Amalgam von Gesehenem und Unsichtbarem (Brief vom 9. Januar 1908, in: Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Sämtliche Werke Bd. VII. Der Briefwechsel mit Alfred Kubin. 1903 bis 1952, Salzburg/Wien 1983, S. 10).
Zwischen Apokalypse und Karneval präsentiert sich der Aschermittwoch in unserer prachtvoll aquarellierten Tuschezeichnung als Limbus für Mensch und Kreatur. Auf der Schwelle von Rausch und Affekt, Buße und Erlösung ist der Karneval ein in vielfacher Hinsicht naheliegendes Thema für den Künstler, steht das Fest doch sinnbildlich für die Verwandlung und liefert als irdischer (Alb-)Traum par excellence eine ideale Folie für Kubins Inszenierung unterschiedlicher Wirklichkeitsebenen. Auffällig ist nicht nur der für Kubin so typische Detailreichtum, der die einzelnen Bildelemente und dargestellten Wesen in einer Fülle phantastischer Erzählungen aufgehen zu lassen vermag, sondern auch die zeichnerische Dichte. Meisterhaft setzt Kubin Hell- und Dunkeltöne und untereicht die obsessive Drastik des Sujets mit jedem einzelnen Strich auch auf formaler Ebene. In dieser Qualität und Größe präsentiert sich das vorliegende Blatt, nach der auch eine Lithographie für die Mappe „Traumland II“ (Hrsg. von Fritz Gurlitt, Berlin 1922) erschien, als bildgewaltiges Meisterwerk eines der bedeutenden Zeichner des 20. Jahrhunderts.

Werkverzeichnis

Hoberg Mappe V/II/2 und Raabe 168 (die nach dieser Zeichnung entstandene Lithographie)

Provenienz

Privatsammlung, Westfalen