Karl Hofer - Tessiner Landschaft - image-1

Lot 211 D

Karl Hofer - Tessiner Landschaft

Auktion 1162 - Übersicht Köln
08.12.2020, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 60.000 € - 70.000 €
Ergebnis: 60.000 € (inkl. Aufgeld)

Karl Hofer

Tessiner Landschaft
1943

Öl auf Leinwand 70 x 100 cm Gerahmt. Unten rechts braun monogrammiert und datiert 'CH 43' (ligiert). - In tadelloser, farbfrischer Erhaltung.

Von der Schweiz aus, wo Karl Hofers Mäzen Dr. Theodor Reinhart wohnte, entdeckte der Maler das Tessin als Landschaftsmotiv. Von 1925 an verbrachte Hofer meist die Sommermonate bis 1939 dort; 1931 erwarb er ein Haus am Luganer See, das "Torrazza di Caslano".
Die vorliegende Ansicht aus dem Tessin zeichnet sich durch seine besonders klaren Formen und ruhige Bildstruktur aus. Fein sind die Farbvaleurs gestuft und evozieren eine frühabendliche Atmosphäre. Still ruhen Berge, Wiesen und Gehöfte.
Bereits 1922 hatte Hofer sich unter dem Titel "Ein neuer Naturalismus" in der Zeitschrift "Das Kunstblatt" geäußert:
"Es ist nicht schwer, mit den Utensilien des Malers und Bildhauers naturähnliche illusionistische Bildwerke zu schaffen. Es ist ebenso leicht, mit demselben geduldigen Material naturferne, eigenschöpferische abstrakte Gebilde zu formen. Es ist schwer, oder vielmehr die seltene Gabe seltener Menschen, den inneren Ausdruck in der allen und zu allen Zeiten verständlichen Sprache der Naturformen darzustellen. Nicht durch ein Ungefähr oder Übertreibung, sondern durch verstehende Vereinfachung, die alles enthält, oder durch ein Allesgeben, das Anbetung ist und nicht Kopie, wie Narren glaubten." (zit. nach: Ausst. Kat. Karl Hofer - Malerei, Grafik, Zeichnung, Staatliche Galerie Moritzburg, Halle 1978/1979, S. 23)
Die Einsicht daß Malerei nicht naturnahe Wiedergabe, sondern äußerer Ausdruck eines inneren Bildes sein soll, erscheint für die vermutlich in den Sommermonaten 1943 enstandene "Landschaft im Tessin" erhellend, mag sie doch eher eine an Ruhe grenzende Leere im eigenen Befinden widerspiegeln. Denn im März war Hofers Berliner Atelier bei einem Bombenangriff völlig ausgebrannt, und es waren sämtliche Werke einer zehnjährigen Tätigkeit, etwa 150 Gemälde und 1500 Zeichnungen, zerstört worden. Vielleicht hatte Karl Hofer auch sein Gleichgewicht bereits wiedergefunden, hatte er doch in wenigen Monaten anhand von Fotoaufnahmen die meisten Werke neu gestaltet.
"[...] habe in berserkerhafter Schaffenswut einen grossen Teil schon bewältigt. Ich war mir klar, dass es sich dabei nicht um simple Wiederholungen handeln dürfe, sondern um Neugestaltungen, wenn auch teilweise in engstem Anschluss an das Vernichtete. Der ungeheure Auftrieb, der mir durch das Unglück ward, hat es mir ermöglicht, das Meiste weit besser zu gestalten," schrieb Hofer seinem Freund Leopold Ziegler bereits im Juli desselben Jahres (zit. nach: Ausst. Kat. Karl Hofer 1878 - 1955, Staatliche Kunsthalle Berlin 1978, S. 120).

Werkverzeichnis

Wohlert 1741

Provenienz

Privatsammlung; Lempertz Köln, Auktion Moderne Kunst 859, 5.6.2004, Los 768; Galerie Vömel, Düsseldorf; Rheinische Privatsammlung; Verkauf zugunsten des Vereins der Freunde des Wallraf-Richartz-Museums und des Museum Ludwig, Köln