Eglon van der Neer
Laute spielende junge Frau
Öl auf Holz. 33,5 x 25,5 cm.
Signiert oben rechts: E. van der Neer fe.
Eglon van der Neer schuf zahlreiche Darstellungen eleganter junger Frauen, die zumeist in einem vornehmen Interieur des gehobenen Bürgertums einer alltäglichen Beschäftigung nachgehen. Ein vom Künstler bevorzugtes und im Verlauf seiner Karriere immer wieder aufgegriffenes Motiv ist die Lautenspielerin. In unserem mit feinmalerischer Präzision ausgeführten Gemälde sitzt eine musizierende Frau annähernd frontal zum Betrachter gewandt, wobei die Beine leicht nach links gerichtet sind und der Oberkörper ein wenig nach rechts gewandt ist. Mit graziösen Bewegungen zupft sie die Seiten der Laute und greift die Bünde am Steg des Instruments, während der leicht geöffnete Mund vermuten lässt, dass sich die Musikerin mit der Laute selber beim Gesang begleitet. Am rechten Bildrand dürften die entsprechenden Notenblätter auf einem mit einer roten Samtdecke bedeckten Tisch stehen.
Das von links einfallende Licht modelliert die Figur der jungen Dame und lässt den Schatten des Instrumentenhalses auf ihren linken Unterarm fallen. Das Licht sorgt zudem für das virtuos wiedergegebene Schimmern der kostbaren, apricotfarbenen Seide beim Rock der Lautenspielerin. Eglon van der Neer konkurrierte bei der effektvollen Wiedergabe der stofflichen Textur von Seide und anderen pretiösen Stoffen mit Gerard ter Borch. Zum schimmernden Seidenrock trägt die junge Frau eine weiße, mit weitgebauschten Ärmeln versehene Leinenbluse, die jedoch schon leicht lasziv von der Schulter gerutscht ist. Neben dem strahlenden Weiß der Bluse und dem hellen Inkarnat wird das Kolorit unseres Gemäldes von einem delikaten Farbakkord bestimmt, der aus dem Apricot des Rocks, dem tiefdunklen Rot der samtenen Tischdecke und dem warmen Braun des Lautenkörpers gebildet wird.
Eddy Schavemaker hat unser Gemälde auf die erste Hälfte der 1680er Jahre datiert, als Eglon van der Neer in Brüssel lebte. Geboren wurde der Künstler in Amsterdam als Sohn des Landschaftsmalers Aert van der Neer. Nach seiner Ausbildung arbeitet er zunächst von 1654 bis 1659 im südfranzösischen Orange, danach abwechselnd in Rotterdam und Amsterdam, bevor er 1679 nach Brüssel übersiedelt, wo er bis 1695 lebt. 1687 wird van der Neer zum Hofmaler des spanischen Königs Karl II. ernannt, elf Jahre später zum Hofmaler des Pfälzer Kurfürsten, in dessen Residenzstadt Düsseldorf er 1703 gestorben ist. Neben eleganten Genredarstellungen wie dem vorliegenden Gemälde führte van der Neer Portraitaufträge aus und schuf darüber hinaus einige religiöse und mythologische Gemälde sowie in seinen späteren Lebensjahren vermehrt Landschaftsansichten. Zusammen mit Adriaen van der Werff, seinem bedeutendsten Schüler, und Godefridus Schalcken gilt Eglon van der Neer als einer der Vollender der Leidener Feinmalerei.
Provenienz
Gerard Hoet II. (1698-1760). - Auktion seiner Sammlung, Den Haag, 25.8.1760, Lot 65. - Möglicherweise Sammlung Blankensee, Berlin, 1856 (nach Parthey). - Francis Palmer, Paris (verso auf der Tafel Klebezettel mit dessen Wappen). - Max Flersheim (1849-1922), Paris. - Emil Glückstadt (1875-1923), Kopenhagen. - Auktion seiner Sammlung, Winkel, Magnussen, Kopenhagen, 2.6.1924, Lot 680. - Galerie M. & G. Segal, Basel, 1989. - Galerie Edel, Köln, 1990 (ausgestellt auf der TEFAF, Maastricht, 1990). - Dort erworben.
Literaturhinweise
Wohl Pieter Terwesten: Catalogus of naamlyst van schilderyen […], Den Haag 1770, S. 226. - Möglicherweise Gustav Parthey: Deutscher Bildersaal. Verzeichniss der in Deutschland vorhandenen Oelbilder verstorbener Maler, Bd. II, Berlin 1864, S. 186. - Wohl Cornelis Hofstede de Groot: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des XVII Jahrhunderts, 10 Bde., Esslingen und Paris, 1910-28, Bd. 5, Esslingen und Paris 1912, S. 526, Nr. 75a oder S. 527, Nr. 81a. - Corinna Klein, in: Ekkehard Mai (ed.): Das Kabinett des Sammlers, Köln 1993, S. 193, Nr. 77, mit Abb. - Everhard Korthals Altes: Philip van Dijk, een achttiende-eeuwse Haagse schilder-kunsthandelaar met een lokale en internationale clientèle, in: Oud Holland 116, 2003, S. 172. - Eddy Schavemaker: Eglon van der Neer (1635/36-1703). Zijn leven en werk (=Diss. Utrecht), Utrecht 2009, S. 437, Nr. 109, Abb. S. 436. - Eddy Schavemaker: Eglon van der Neer (1635/36-1703). His Life and Work (=Aetas aurea 22), Doornspijk 2010, S. 497, Nr. 104, Farbtafel XXXVI.
Ausstellung
Köln, Wallraf-Richartz-Museum (Leihgabe von ca. 1993-2002).