Lucas Cranach d. Ä. und Werkstatt - Die Verkündigung an Maria - image-1

Lot 2012 Dα

Lucas Cranach d. Ä. und Werkstatt - Die Verkündigung an Maria

Auktion 1175 - Übersicht Köln
05.06.2021, 11:00 - Gemälde und Zeichnungen 15.-19. Jh.
Schätzpreis: 90.000 € - 120.000 €
Ergebnis: 112.500 € (inkl. Aufgeld)

Lucas Cranach d. Ä. und Werkstatt

Die Verkündigung an Maria

Öl auf Holz, auf eine zweite Holztafel aufgedoppelt. 22,6 x 26,2 cm.

Dieses fein ausgeführte kleine Tafelbild, welches eine für Cranach und dessen Werkstatt sehr seltene Bildthematik zeigt - die Verkündigung an Maria - wurde von allen einschlägigen Cranach-Experten begutachtet und deren Zuschreibungen in diversen Gutachten dokumentiert. Die älteste Expertise liegt uns hierzu von Max J. Friedländer vor, welcher 1932 schreibt: "[...] ein sehr gut erhaltenes Werk von Lucas Cranach aus der Zeit um 1518". 1961 bestätigt Jacob Rosenberg diese Zuschreibung seines drei Jahre zuvor verstorbenen Kollegen. Im Zuge der großen Basler Cranach-Ausstellung wird das Gemälde 1974 schließlich von Dieter Koepplin begutachtet, der das Werk der Cranach-Werkstatt zuordnet. Er zeigt in der Ausstellungspublikation die Zusammengehörigkeit unseres Tafelbildes zu einer „Anbetung der Könige“, welches die gleichen Maße besitzt und auch deutliche Ähnlichkeit in puncto Kolorit und Duktus aufweist.
Nun wurde das Werk im April 2021 vom Cranach Digital Archive und dem Cologne Institute of Conservation Sciences der TH Köln (CICS) unter der Leitung von Prof. Dr. Gunnar Heydenreich kunsttechnologisch geprüft, um die Zuschreibung anhand der verwendeten Techniken und Materialien bewerten zu können. Die Tafel wurde im Zuge dessen mittels Stereomikroskopie, RF-Analyse (Niton XLt), Röntgengrobstrukturanalyse und Infrarotreflektografie (Osiris 900-1700nm) untersucht.
Die Infrarotreflektografie (IRR) zeigt, dass die Unterzeichnung mit einem Pinsel sowie einer Zeichenfeder und einem grauschwarzen flüssigen Medium vorgenommen wurde. Die Konturen wie auch die Binnenformen sind mit sehr sicher gezeichneten Linien umrissen. Insbesondere die Gesichter und Hände wurden unter Berücksichtigung des Größenmaßstabs besonders souverän angelegt. Sehr spannende Informationen liefert uns die IRR auch im Hinblick auf die vom Künstler vorgenommenen Änderungen der Unterzeichnungen im Zuge des künstlerischen Schaffensprozesses. So wurden die Taube und der Botenstab des Engels etwas verkleinert, Hände und Gewandfalten geringfügig modifiziert und unterzeichnete Schmuckelemente am Baldachin nicht mehr ausgeführt. Zusammenfassend konnten mittels Röntgenfluoreszenz-Analyse in der Malschicht Signale für folgende Pigmente ermittelt werden: Bleiweiß, Bleizinngelb, Zinnober, kupferhaltiges Grün, kupferhaltiges Blau und Eisenoxid/Ocker. Der Farbauftrag erfolgte mehrschichtig mit Pinseln. Im Bereich des Baldachins wurde das Muster aus der roten Farblacklasur in Sgraffito-Technik herausgekratzt. Der gemalten Zeichnung der Fugen im Mauerwerk ging eine feine Ritzung voraus. Im Röntgenbild sind keine signifikanten Änderungen im Malprozess erkennbar.
Es lässt sich ablesen, dass der Maler unserer Tafel mit den in der Cranach-Werkstatt verwendeten Materialien und Techniken vertraut war. Die Unterzeichnung der Tafel ist von besonderer Qualität, wie auch Prof. Dr. Heydenreich in seinem Bericht schreibt, und gleicht dabei anderen Lucas Cranach d. Ä. zugeschriebenen Hand- und Unterzeichnungen. Zwei der Faltenformationen in den Gewändern sind in der Kompositionsanlage nur wenig ausdifferenziert. Erst der Maler realisierte die eher gleichförmigen und sich in Mantel und Kleid der Maria partiell sogar wiederholenden Faltenbildungen. Auch die Hände sind in der Unterzeichnung feingliedriger angelegt als in der Malerei ausgeführt. Aufgrund der besonders qualitätvollen Unterzeichnung sowie der sichtbaren Diskrepanz zwischen der Unterzeichnung und der malerischen Ausführung erscheint es wahrscheinlich, dass Lucas Cranach d. Ä. die Komposition selbst auf den Malgrund zeichnete und die Malerei einem Mitarbeiter übertrug.
Die Tafel befindet sich in einem relativ guten und stabilen Zustand. Der rote Farblack und die grünen Bildbereiche sind im Vergleich mit anderen Gemälden gut erhalten.
Im Ergebnis dieser Untersuchung erachtet Prof. Dr. Heydenreich diese Tafel als ein gut erhaltenes Werk von "Lucas Cranach d. Ä. und Werkstatt" aus den Jahren um 1516-1520.

Wir danken Prof. Dr. Gunnar Heydenreich und Diana Blumenroth M.A. (CICS Köln) für die kunsttechnologische Untersuchung des Originals.

Zertifikat

Max J. Friedländer, Berlin, 2.9.1932 (als Cranach d. Ä.). - Jakob Rosenberg, Ann Arbor/Michigan, 13.1.1961 (als Cranach d. Ä.). - Prof. Dr. Gunnar Heydenreich, Köln, 5.4.2021 (als Lucas Cranach d. Ä. und Werkstatt).

Provenienz

Galerie van Diemen & Co., Berlin, vor 1932. - Auktion Paul Cassirer, Berlin, 20.10.1932, Lot 48 (als Cranach d. Ä.). - Sammlung Katzenelnbogen. - Galerie Schaeffer, New York, 1961. - Sammlung Dr. H. Becker, Dortmund, 1974. - Seitdem in deutschem Familienbesitz.

Literaturhinweise

Koepplin, Dieter u. Falk, Tilman: Lukas Cranach. Gemälde, Zeichnungen und Druckgraphik, Basel/Stuttgart, 1974-1976, Bd. 2, S. 538, Nr. 391, Abb. 285. - Gmelin, Hans-Georg: Ausst.-Kat. Lukas Cranach der Ältere 1472-1553. Grafik, Bielefeld, 1972, Nr. 4. - Fritz, Rolf: Sammlung Becker. Gemälde alter Meister, Dortmund, 1967, Nr. 4.

Ausstellung

"Lukas Cranach der Ältere 1472-1553. Grafik", Kunsthalle Bielefeld, 23.1.-26.3.1972. - "Lukas Cranach - Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik", Kunstmuseum Basel, 15.6.-8.9.1974.