Giovanni Serodine - Johannesknabe am Brunnen - image-1

Lot 2031 Dα

Giovanni Serodine - Johannesknabe am Brunnen

Auktion 1175 - Übersicht Köln
05.06.2021, 11:00 - Gemälde und Zeichnungen 15.-19. Jh.
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €

Giovanni Serodine

Johannesknabe am Brunnen

Öl auf Leinwand (doubliert). 76 x 64 cm.

Dr. Rudy Chiappini schrieb dieses Gemälde vor kurzem im Rahmen eines ausführlichen Aufsatzes dem bisher aus 15 seit alters her bekannten Werken bestehenden Oeuvre von Giovanni Serodine zu.
Giovanni Serodine stammte aus einer Tessiner Stuckateurfamilie und wurde in Rom ausgebildet, wo er sich bereits früh Anerkennung verschaffte. Seinen ersten dokumentierten Auftrag - ein Fresco für die Chiesa della Concezione in Spoleto - erhielt er im Jahre 1623. Weitere öffentliche Aufträge folgten, doch bedauerlicherweise endete diese erfolgreiche Karriere nach weniger als einem Jahrzehnt mit dem Tod von Serodine im Jahre 1630. Schon in dieser kurzen Zeit entwickelte der Schweizer Serodine einen charakteristischen Personalstil, dessen naturalistische Neigung und formale Spannung deutlich von Caravaggio beeinflusst wurde und sich durch eine ausdrucksstarke Wiedergabe der Wirklichkeit auszeichnet. Neben diesem exzentrischen Stil findet sich in seinen Werken immer auch ein starker spiritueller Ansatz: das zentrale Ziel des Künstlers war stets, die ursprüngliche Bedeutung des religiösen Ereignisses herauszuarbeiten. Um dies zu erreichen, legte Serodine häufig ein stärkeres Gewicht auf die erzählerische Beschreibung religiöser Begebenheiten, während er formale Attribute der Heiligen und damit die Rhetorik der Komposition zurücktreten ließ.
Dr. Chiappinis Zuschreibung beruht auf einer stilistischen Analyse unseres Gemäldes im Vergleich zu anderen Werken Serodines. Die Frische und Unmittelbarkeit des Duktus, die bisweilen undefinierte Behandlung der Anatomie, der gekonnte Einsatz von Chiaroscuro - dramatisch und doch feinfühlig - sowie die Wiedergabe der durch Lichtreflexe ausgeschmückten Stoffe sind demnach typisch für den Künstler. Dr. Chiappini ordnet unser Bild in Serodines frühe Schaffensphase ein und stellt eine Nähe zu Werken in Ascona sowie zu dem Gemälde der Heiligen Margaretha, heute im Museo del Prado, Madrid, fest. Er vermutet, dass es sich bei dem in unserem Gemälde dargestellten kleinen Jungen, trotz fehlender traditioneller Attribute, um Johannes den Täufer handeln könnte. Serodines Neigung entsprechend, die erzählerischen gegenüber den formalen Aspekten religiöser Themen zu bevorzugen, um die Essenz des Erzählten herauszuarbeiten, wird der Heilige hier als das dargestellt, was er war: ein kleiner Junge aus bescheidenen Verhältnissen, bereit für seinen göttlichen Auftrag. Diese Betonung des Alltäglichen in der Darstellung verdeutlicht die intime und persönliche Lesart der Bibel durch Serodine, die auch dem Betrachter einen unmittelbaren Zugang ermöglicht.

Provenienz

Londoner Kunsthandel. - Italienischer Privatbesitz.