Michael Sweerts - Ein junger Künstler zeichnet Bettler in einer Landschaft - image-1

Lot 2055 Dα

Michael Sweerts - Ein junger Künstler zeichnet Bettler in einer Landschaft

Auktion 1175 - Übersicht Köln
05.06.2021, 11:00 - Gemälde und Zeichnungen 15.-19. Jh.
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 81.250 € (inkl. Aufgeld)

Michael Sweerts

Ein junger Künstler zeichnet Bettler in einer Landschaft

Öl auf Leinwand (doubliert). 76 x 60 cm.

Die dokumentierten Fakten zur Biographie des Malers Michaels Sweerts sind eher spärlich: 1618 wird er in Brüssel geboren, 1646 taucht sein Name in den Kirchenbüchern der Pfarrei Santa Maria del Popolo in Rom auf. Dort erfährt man, dass er in der „Strada Margutta“ wohne, wo auch andere katholische Künstler aus dem Norden lebten. Sweerts hatte in Rom eine durchaus solide Berühmtheit erlangt und konnte auf einen Kreis prominenter Mäzene zählen, allen voran Fürst Camillo Pamphili sowie die niederländischen Seidenhändler Jean, Josef und Jeronimus Deutz. Dennoch hat er die Stadt zwischen 1652 und 1654 wieder verlassen. 1655 wird er in Brüssel anlässlich einer Taufe erwähnt, und 1659 in den Listen der dortigen Lukas-Akademie. Wir erfahren auch, dass er in Brüssel eine eigene Malschule gründete. Ebenso, dass er sich einer katholischen Missionsorganisation anschließt, Anhänger von Vinzenz von Paul, die sich der Missionierung des Ostens verschrieben hatte. 1661 ist Sweerts einige Monate in Amsterdam, wo er den Bau eines Schiffes beaufsichtigte, mit dem die Missionare ihre Reise in den Fernen Osten antreten sollten. Im Dezember des gleichen Jahres ist er in Marseille, von wo das Schiff kurz darauf nach Palästina ablegt. Auf der Reise über Land in Syrien geht es Sweerts psychisch nicht gut, weshalb er irgendwo zwischen Isfahan und Tabriz in Persien aus der Gesellschaft entlassen wird und er seinen Weg alleine fortsetzt. Er gelangt zu den Jesuiten in Goa, wo er im Alter von 46 Jahre gestorben sein soll.
Als Künstler wird Michael Sweerts mit den sogenannten Bamboccianti in Verbindung gebracht, jenen niederländischen Malern, die in Rom das Genre der südlichen Landleute pflegten. Allerdings darf er wohl kaum als ein "Bambocciante tout-court" bezeichnet werden, denn seine Werke sind durch ihre Intellektualität und ihrer sozialphilosophischen Sensibilität weitaus mehr als reine Genreszenen.
Mit auffallender Beharrlichkeit verfolgte Michael Sweerts seit seiner Ankunft in Rom das Thema „Künstler bei der Arbeit“. Zwischen den Jahren 1646 und 1652 schuf er vier Gemälde von Künstlerateliers und vier weitere, die einen Künstler beim Zeichnen im Freien zeigen. In Rom erkennt der Maler Sweerts dass das Künstlertum, bzw. der Auftrag des Künstlers, über das handwerkliche hinaus auch die intellektuelle Reflexion über das eigene Tun einbezieht.
Das vorliegende Gemälde wurde in diesem Sinne von Laura Laureati als ein emblematisches Beispiel für Sweerts frühe Tätigkeit in Rom beschrieben (op. cit.). Als ebenso bedeutend erkennt es Lara Yaeger-Crasselt in ihrer Studie über die Rolle Michael Sweerts in der künstlerischen Ausbildung in den Niederlanden und Rom zu dieser Zeit (op. cit.).
Das Gesamtwerk dieses Künstlers besteht aus kaum mehr als 50 Bildern. Den Rang unseres Gemäldes innerhalb des Gesamtoeuvres belegen die vielen Publikationen und die zahlreichen Ausstellungen, in denen es beschrieben bzw. gezeigt worden ist.

Provenienz

Wohl W. Spieringh, Delft (gest. 25. Januar 1689). In seinem Inventar ist ein Bild gelistet: „een bedelaarsgezelschapje off een grotje – van Cavallier Swarts“. - H. van Slochem, Antwerpen. - Dr. C.A. van Hees, Reeuwijk, 1958. - Mak van Waay, Amsterdam 31.05.1960, Lot 20. - Gebr. Douwes, Amsterdam, 1960. - Sotheby's, London 27.03.1963, Lot 62. – Sammlung Melmeluzzi, Rom. – Italienischer Privatbesitz.

Literaturhinweise

W. Martin: Michael Sweerts als schilder. Proeve van een biographie en een catalogues van zijn schilderijen', in: Oud Holland, vol. 25, 1907, S. 154, Nr. 35. - W. Martin: Nog een Sweerts, in: Oud Holland, vol. 34, 1916, S. 181-2. - J. Meder: Die Handzeichnungen, 1919, S. 277. - E. Trautscholdt, in: U. Thieme & F. Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, vol. XXXII, Leipzig 1938, S. 349. - R. Kultzen: Michael Sweerts (1624-1664), Diss., Hamburg 1954, S. 29, 238, Nr. 2. - R. Kultzen, in: J.C. Ebbinge Wubben, Michael Sweerts en tijdgenoten, Ausstellungskatalog Rotterdam 1958, S. 35, Nr. 1, Abb. 1. - R. Kultzen, in: Pantheon, vol. XXXVIII, 1980, S. 64 ff, Abb. 2. - T. J. Kren: Johannes Lingelbach in Rome, in: The J. Paul Getty Museum Journal, 10, 1982, S. 52, Abb.15. - L. Laureati, in: G. Briganti, L. Trezzani, L. Laureati: The Bamboccianti (English ed.), Rom 1983, S. 302, Abb. 13.2. - R. Kultzen, in: D. A. Levine u. E. Mai: I Bamboccianti, exhibition catalogue, Milan 1991, S. 275, Nr. 33.5, Abb. S. 276. - R. Kultzen: Michael Sweerts, Doornspijk 1996, S. XV , Abb. 2. - P. C. Sutton, in: P. C. Sutton u. G. Jansen: Michael Sweerts (1618-1664), Ausstellungskatalog Zwolle 2002, S. 14, Abb. 7. - L. Yaeger-Crasselt: Michael Sweerts (1618-1664). Shaping the Artist and the Academy in Rome and Brussels, S. 223, Abb. 38.

Ausstellung

Leiden, De Lakenhal, Kunstbezit van Oud-Alumni der Leidse Universiteit, 1950, Nr. 49. - Rotterdam, Museum Boymans-van Beuningen, Michael Sweerts en tijdgenoten, 1958, Nr. 1. - Rom, Palazzo Venezia, Michael Sweerts e i Bamboccianti, 1958, Nr.1. - Köln, Wallraf-Richartz-Museum (28. August – 17. November 1991), Utrecht, Centraal Museum (6. Dezember 1991 – 9. Februar 1992), I Bamboccianti, Nr. 33.5.