Otakar Kubin (Othon Coubine)
In Gedanken
1914
Öl auf Leinwand 55 x 46 cm Gerahmt. Unten links schwarz signiert 'O. Kubin'. Mit rückseitigem bedruckten Galerieetikett "Der Sturm / Zeitschrift / Herausgeber Herwarth Walden", darauf mit Schreibmaschine beschriftet "Otakar Kubin/ Paris/ In Gedanken".
In seiner 1912 eröffneten, legendären Berliner Galerie Der Sturm präsentierte Herwarth Walden eine internationale Riege maßgeblicher Avantgardekünstler, unter ihnen auch mehrere aus Tschechien stammende Maler und Bildhauer. Zu diesen gehörten Emil Filla, Otto Gutfreund und Vincenc Beneš, deren Werke in den Gruppenausstellungen der Galerie mehrfach präsentiert wurden. Der einzige tschechische Künstler, für den Walden eine Einzelausstellung ausrichtete, war jedoch Otakar Kubin. Sie fand im April und Mai 1914 als 25. Ausstellung der Galerie statt und zeigte 30 seiner aktuellen Gemälde. Unter Nummer 21 ist in dem Ausstellungskatalog auch - ohne Abbildung - das hier angebotene Werk „In Gedanken“ gelistet.
Der in Tschechien ausgebildete Otakar Kubin stand künstlerisch zunächst unter dem Einfluss des französischen Postimpressionismus. Der Künstler bereiste seit 1904 Belgien, Frankreich und Italien und ließ sich 1912 in Paris nieder. In einer kurzen, nur die Jahre 1913 und 1914 umfassenden Periode verknüpfte Otakar Kubin kubistische und expressionistische Stilmittel zu einem sehr reduzierten, unverwechselbaren Ausdruck. Die Sujets, meist Figurendarstellungen und Stillleben, besitzen in ihrer archaischen Einfachheit eine mystische Anmutung. Sie sind in kantigen, kristallinen Formen gehalten, farblich dominieren Blau und Gelb. „It points to the unusual distinctivness of Kubin's construction of the new people of new worlds, something like pagan prophets of the new age of humanity. They have strange stiff pantomimic gestures and from their truncated, angular and cubic forms there radiates a magical light, a kind of aura, which emphasizes the spiritual disposition of the paintings”, beschreibt Vojtech Lahoda treffend diese außergewöhnlichen Werke (in: Der Sturm - Zentrum der Avantgarde, Ausst.Kat. Von der Heydt-Museum Wuppertal 2012, Bd. II, S. 511). In den 1920 Jahren fand Kubin zu seinem späteren neoklassischen-lyrischen Stil.
Das in dieser Auktion angebotene Gemälde ist ein rares Beispiel für die bedeutende kubistische Schaffensphase Kubins, der damit innerhalb des Sturm-Kreises wegweisende Akzente setzte.
Zertifikat
Das Gemälde wurde vom CICS (Cologne Institute of Conservation Sciences), Technische Hochschule Köln, kunsttechnologisch untersucht. Ein Untersuchungsbericht vom 3. Mai 2021 liegt vor.
Provenienz
Galerie Der Sturm, Berlin (1914; Etikett rückseitig); Privatsammlung Berlin; Sammlung Kuno Kallenbach, Tann; Privatbesitz Baden-Württemberg
Ausstellung
Berlin 1914 (Galerie Der Sturm), Otakar Kubin, Kat. Nr. 21 ohne Abb.