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Lot 14 Dα

Ernst Barlach - Der Zweifler

Auktion 1187 - Übersicht Köln
03.12.2021, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 40.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 72.500 € (inkl. Aufgeld)

Ernst Barlach

Der Zweifler
1930

Bronzeplastik Höhe 50,7 cm Rückseitig unten rechts signiert 'E.Barlach'. Vorkriegsguss aus einer bei Laur genannten Gesamtauflage von 46 Exemplaren, davon 17 Güsse vor 1938 entstanden. - Mit schöner, ebenmäßiger bronzefarbener Patina, stellenweise leicht aufgelichtet. - In guter Erhaltung.

Die vorliegende Bronze ist nach aktueller Vorlage als ein alter Noack-Guss bestätigt worden. Nach vorläufigem Stand ist es möglich aber nicht gesichert, dass es sich um einen Lebzeitenguss handeln könnte. Nach der erzwungenen Emigration Alfred Flechtheims 1933 sind bekanntlich die zwischen Flechtheim und Barlach in den Jahren 1930 und 1931 vereinbarten Gussprogramme mit der Berliner Gießerei fortgesetzt worden. Dabei wurde die ursprünglich vorgesehene Limitierung zum Teil deutlich, noch zu Lebzeiten des Künstlers, überschritten, so auch bei der Bronze des „Zweiflers" (vgl. Laur 470 1) - das Werkverzeichnis nennt für den Zeitraum 1930-17.2.1938, dem Todesdatums Barlachs, allein 17 Exemplare, darunter einige wie hier vorliegend ohne den Gießerstempel). Nach dem Tode des Künstlers wurden bis 1941 möglicherweise weitere Exemplare gefertigt, darunter 1941 kriegsbedingte Zinkgüsse (vgl. Laur 470, Angaben zu 2) und 3)).

Ernst Barlach hatte den „Zweifler" von 1930, der anscheinend sehr bald als ein Alter Ego des Künstlers empfunden wurde, im zweiten vorgesehenen Gussprogramm Flechtheims für die Fertigung in Bronze ausgewählt (der Gips befindet sich in Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, vgl. Laur 469). Kurz vor seinem Tode entstand 1937 eine Fassung in Holz (Laur 612, ebenda, Güstrow). Dem plastischen Werk gingen - wie so häufig bei Barlach - einige Zeichnungen und Skizzen verwandter Formulierung aus früheren Jahren voraus (Kohlezeichnungen von 1917/1918 sowie Feder- und Kohlezeichnungen zur Lithographie „Der Blinde" von 1918). Zum Gestus der vor sich gestreckten, ineinander gefalteten Hände kann sicherlich auch die schon 1910 entstandene Skulptur „Sorgende Frau" (Holz, Ernst Barlach Haus Hamburg) herangezogen werden. Barlachs kniende Gewandfigur aber, die als solche tatsächlich an die sakrale Plastik des Mittelalters anknüpft, vermittelt die schmerzhafte Verinnerlichung menschlicher Not wie sie auch in der Einsamkeit des Gebets zum Ausdruck kommen kann.

Ernst Barlachs “Zweifler“ überwältigt durch eine künstlerische Formgebung, die nicht nur im Raum kirchlicher Architektur „funktioniert“, sondern als Meisterwerk des Expressionismus universell empfunden und rezipiert werden kann.

Werkverzeichnis

Laur 470; Schult 385

Zertifikat

Wir danken der Bildgießerei Hermann Noack, Berlin, für freundliche Auskünfte nach Vorlage des Originals.

Provenienz

Ehemals Sammlung Adolf und Margarete Vogler, Hamburg (vor 1945 erworben); Margarete Vogler, Nachlass; seitdem in Familienbesitz

Literaturhinweise

U.a.: Elisabeth Laur, Exkurs: Bronzeplastiken im Werk Barlachs, in: Ernst Barlach. Das plastische Werk, Ernst Barlach Stiftung Güstrow 2006, vgl. S. 43, 45; Volker Probst, Die Bronzen im Werk Ernst Barlachs, in: Posthume Güsse, Bilanz und Perspektiven, Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Berlin/München 2009, vgl. S. 107, S. 109 ff.; Volker Probst, „Die Flechtheimsche Herrlichkeit verging, von Cassirers ist keinerlei Förderung zu erwarten…“, Ernst Barlach-Alfred Flechtheim, in: Sprung in den Raum, Skulpturen bei Alfred Flechtheim, Georg Kolbe Museum, Wädenswil 2017, vgl. S. 363, 374 ff.

Ausstellung

U.a. Berlin 1931/1932 (Galerie Alfred Flechtheim), Weihnachten 1931 - Wilhelm Lehmbruck, Ernst Barlach, Rudolf Belling, Renée Sintenis, Kat. Nr. 18 ("Der kniende Mann") mit Abb. S. 5; New York 1938 (Galerie Buchholz); Berlin 1948 (Galerie Franz), Kat. Nr. 25, S. 22, mit Abb. S. 17; Hamburg 1948 (Galerie Hoffmann), Ernst Barlach Gedächtnisausstellung zum 10jährigen Todestag, Kat. Nr. 18; Düsseldorf 1951 (Galerie Alex Vömel), Ernst Barlach, Kat. Nr. 20; Kassel 1955 (Documenta I), Kat. Nr. 23; Bremen 1959 (Kunsthalle), Ernst Barlach, Kat. Nr. 38; Schleswig 1989 (Landesmuseum Schloss Gottorf), Ernst Barlach. Denkzeichen, Kat. Nr. 62; Bergen/Güstrow 2000 (Kunstmuseum/Ernst Barlach Stiftung), Ernst Barlach. Ein Graphiker und Bildhauer des deutschen Expressionismus, Kat. Nr. 95