Emil Nolde - Rotes Meer (Sonnenuntergang und schwarzer Dampfer) - image-1

Lot 18 D

Emil Nolde - Rotes Meer (Sonnenuntergang und schwarzer Dampfer)

Auktion 1187 - Übersicht Köln
03.12.2021, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 70.000 €
Ergebnis: 57.500 € (inkl. Aufgeld)

Emil Nolde

Rotes Meer (Sonnenuntergang und schwarzer Dampfer)
Um 1940/1945

Aquarell auf Japanpapier 12,3 x 19,2 cm Unten links mit schwarzer Tinte signiert 'Nolde'. - In farbschöner Erhaltung.

Sechs außerordentliche Aquarelle Emil Noldes, die in den Auktionen Evening Sale und Day Sale angeboten werden können, zeigen die Bandbreite dieses für ihn so wichtigen Schaffensfeldes.
Zwei Pflanzenstillleben repräsentieren die berühmteste Gattung seiner Aquarellmalerei, in welcher der Künstler die Farbgewalt der Natur, die er in seinem berühmten Garten stets vor Augen hatte, in unzähligen Varianten und nie nachlassender Leidenschaft, meisterlich umsetzte. Die „Rote Astern in dunkelblauer Vase" (Lot 6) präsentieren sich als klassisches bildfüllendes Blumenstillleben. Über dem Laubwerk und der blauvioletten Vase, die farblich auch in den Hintergrund ausgreift, bringt er das leuchtende Kolorit der roten und gelben Astern zur Geltung.
Für „Dahlien und Blattpflanze" (Lot 19) hingegen wählte Nolde einen ungewöhnlicheren Bildaufbau, der entfernt an eine botanische Bestimmungstafel erinnert, jedoch durch ein zartgraues Schattenspiel im Hintergrund aufgelockert wird. Protagonist ist in dieser Darstellung der belaubte Zweig, dessen ornamentale Schönheit sich voll entfalten kann. Begleitet wird er von den intensiven Tönen der neben ihm arrangierten gelben und rot-violetten Blüten.
Die sogenannten „Ungemalten Bilder", zu denen das „Rote Meer (Sonnenuntergang und schwarzer Dampfer)" zu rechnen ist (Lot 18), nehmen ein besonderes Kapitel in Noldes Spätwerk ein. Sie entstanden zwischen 1938 und 1945, als der Künstler als „entartet" diffamiert und seit 1941 mit einem Berufsverbot, wenn auch nicht mit einem Malverbot belegt wurde. Entgegen der Legende wurden sie nicht heimlich gemalt, auch waren sie im zeitgenössischen Kontext noch nicht als geschlossener Werkzyklus zu bewerten. Vielmehr folgten sie den Bildskizzen, die Nolde schon früher zur Vorbereitung von Gemälden geschaffen hatte. Die kleinformatigen Aquarelle erreichten in diesem Zeitraum jedoch eine außerordentliche, eigenständige Qualität und intensive Bildaussage. Auf kleinstem Raum entfachte Nolde auch bei dem „Roten Meer" eine wahre Farbglut bei gleichzeitiger starker Abstrahierung der Darstellung. Ineinander übergehende Bahnen in Orange, Rot und Violett lassen die Szenerie aus Wasserfläche, Uferlinie und Himmel mehr erahnen als erkennen, einzig die schwarze Silhouette des Dampfschiffes mit gewaltiger Rauchwolke hebt sich als erzählerisches Moment hervor.
Drei eindrückliche Porträtdarstellungen schließlich veranschaulichen das profunde Interesse des Künstlers an den Menschen, denen er begegnete - sei es in seiner deutsch-dänischen Heimat, sei es auf seinen Reisen. In bildfüllender Präsenz stellt Nolde mit dem „Bauernsohn" (Lot 34) einen jungen Mann in einem raffinierten, in Blautönen gehaltenen Spiel aus Licht und Schatten dar, sein nachdenklich gesenkter Blick und das zur Hälfte verschattete Gesicht lassen an eine spontan eingefangene Momentaufnahme denken. Eine Angehörige der russischen Landbevölkerung, die er während seiner Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn im Oktober 1913 beobachtete, gibt er als Ganzfigur wieder, die fast vollständig verhüllte Gestalt des „Russischen Mädchens" (Auktion 1188 Moderne Kunst, Day Sale, Lot 169) scheint fest eingebunden in die kalte, weite Landschaft Sibiriens. Sein Halbporträt (Lot 33) erinnert stark an seine Eingeborenenporträts jener exotischen Inseln im Südpazifik, die er 1914 im weiteren Verlauf seiner die halbe Welt umspannenden Reise traf. Dennoch ist dieser expressive, en face angelegte „Männerkopf" in einem etwas späteren, noch unbekannten Kontext zu verorten.

Zertifikat

Mit einer Foto-Expertise von Manfred Reuther, Klockries, vom 4. August 2020. Das Werk ist in seinem Archiv unter der Nummer "Nolde A - 180/2020" registriert und dokumentiert.

Provenienz

Vom Vorbesitzer direkt beim Künstler erworben (1950er Jahre); seitdem in Familienbesitz Norddeutschland/Nordrhein-Westfalen