Felix Nussbaum
Netzflicker
1928
Öl auf Leinwand 55,5 x 40,2 cm Gerahmt. Unten links signiert, datiert und bezeichnet 'Felix Nussbaum'. - Mit unauffälligem Craquelé, am linken und oberen Rand mit Retuschen.
Felix Nussbaum emigriert 1933 nach Belgien, in das Land, wohin er und seine Familie häufig in die Ferien gefahren waren. 1928 malt der Künstler dort den „Netzflicker“, eine an der Kaimauer angesiedelte Hafenszene, die gleich einem Interieur ‚möbliert' ist. Das Gemälde „Judengasse in Antwerpen“ (Junk/Zimmer 42), wohl aus demselben Jahr ist thematisch wie strukturell vergleichbar. Das Exterieur ist zum Interieur gewandelt. So ist das Mobiliar vor dem Haus platziert, und das Bildpersonal geht seinem Handwerk vor der Tür nach. In ähnlich diagonaler Ausrichtung im Bildraum sind die Figuren dem Betrachter ab- und ihrem Tun zugewandt, die Vertiefung der Protagonisten in ihre Tätigkeit lädt auch den Betrachter zur Kontemplation, resp. Konzentration ein. Die Form des abstrakt und wirr wirkenden Knäuels unseres „Netzflickers“ steht im Gegensatz zu der Klarheit der Figuren- und Raumbeschreibung. Das Gemälde zeichnet sich durch eine malerische Finesse, eine delikate Farbgebung und Intensität aus, die den Betrachter mit dem ganzen Charme des vermeintlich naiv ländlich wirkenden Sujets direkt in seinen Bann ziehen.
Das Vexierspiel von Innen und Aussen mag hier schon eine Vorahnung geben von der inneren ‚Unbehaustheid', der Zerrissenheit der Malers unter der Repression der kommenden politischen Ereignisse.
Werkverzeichnis
Schwetter 69; Junk/Zimmer 39
Provenienz
Nachlass des Künstlers; Galerie Michael Hasenclever, München (1975); Galerie Clasing, Osnabrück (1982); Privatsammlung Niedersachsen; Privatsammlung Norddeutschland