Karl Friedrich Schinkel
"Sammlung von Dekorationen auf den beiden Kgl. Theatern zu Berlin"
Aquatinta-Radierungen, neu unter Passepartout gelegt, in zwei Leinenkassetten 32 lose Blätter, davon 28 koloriert, und ein Blatt "INHALTS-VERZEICHNIS". Einige Tafeln in den weißen Rändern etwas stockfleckig, die äußeren Tafelränder meist leicht gebräunt und ohne Titelblatt. Teils im oberen Rand Montagespuren. In unterschiedlichen Blatt- und Plattengrößen, Blattgröße meist ca. 47 x 60,5 cm.
Mischexemplar aus 1. und 3. Auflage, Berlin: L.W. Wittich, 1819 ff, und Ernst & Korn, 1862.
Das prachtvolle, vollständige Exemplar der berühmten Folge von Schinkelschen Theaterdekorationen für die Berliner Königlichen Theater mit Tafeln aus sehr seltenen kolorierten Vorzugsausgaben beinhaltet u.a. die berühmten Blätter für die "Zauberflöte", die beeindruckendsten Kulissen, die Karl Friedrich Schinkel entworfen hat.
Das Exemplar enthält
Acht Blätter Mozarts "Zauberflöte" (Taf. 13-20)
Zwei Blätter aus Mozarts "Don Carlos" (Taf. 21, doppelt vorhanden: die erste aus der 1. Ausgabe bei Wittich, num. "16", beide kolor.)
Zwei Blätter zu Gaspare Spontinis "Die Vestalin" (Taf. 1-2, die erste einfarbig),
Fünf Blätter zu Gaspare Spontinis "Olympia" (Taf. 3-7, alle kolor., die letzte aus der 1. Ausg. bei Wittich)
Ein Blatt aus Schillers "Die Braut von Messina" (Taf. 8, kolor.)
Zwei Blätter aus "Die Jungfrau von Orleans" (Taf. 9-10, kolor.)
Ein Blatt aus "Das Käthchen von Heilbronn" (Taf. 11, einfarbig)
Ein Blatt aus "Undine" (Taf. 12, kolor.)
Ein Blatt aus "Ratibor und Wanda" (Taf. 22, kolor.)
Ein Blatt aus "Axel von Walburg" (Taf. 23, kolor.)
Zwei Blätter aus "Athalia" (Taf. 24, doppelt vorhanden: die erste aus der 1. Ausgabe bei Wittich ohne Nr., kolor., die zweite einfarbig)
Zwei Blätter aus "Armide" (Taf. 25, doppelt vorhanden: die erste aus der 1. Ausgabe bei Wittich, num. "18", beide kolor.)
Zwei Blätter aus "König Yngurd" (Taf. 26-27, beide einfarbig)
Zwei Blätter aus "Ferdinand Cortez" (Taf. 28-30, die letzte mit Nummer und der radierten, noch schwach sichtbaren Verlagsangabe "Potsdam 1847 Verlag von F. Riegel", jedoch ohne Künstlerbezeichnungen und ohne Szenentitel [so bei Ernst & Korn erschienen], alle kolor.)
Ein Blatt aus "Alceste" (Taf. 31, kolor.)
Ein Blatt aus "Othello" (Taf. 32, kolor.)
Die Sammlung erschien erstmals in den Jahren 1819 ff. in fünf Heften bei Wittich in Berlin. Eine "neue verbesserte Auflage" wurde 1847-1849 von Riegel in Potsdam herausgegeben. Von diesem übernahm Ernst & Korn (Gropius'sche Buch- und Kunsthandlung) in Berlin 1862 die Platten für eine 3. Auflage, die 1874 als eine 4. Auflage wiederholt wurde.
Bereits auf seiner ersten italienischen Reise (1803 - 1805) skizzierte Schinkel eine "Aussicht vom antiken Theater bei Taormina". Dessen grandiose Lage mit dem Ätna und dem Meer im Hintergrund schien er wie ein Bühnenbild zu erleben. Am 24. Mai 1804 notierte er dazu in seinem Tagebuch: "Sein Gipfel trägt die schönen Ruinen des alten Theaters von Taurominium. Mächtig ergreift der Eintritt in dieses Theater. (Im) Vordergrund steht das Proscenium über dem Fels. Durch seine öfnungen blickt man in eine unendliche Ferne(...) Welchen Eindruck mochte das Schauspiel auf einem Theater bei solchen Decorationen machen." Dieser Eindruck spiegelt sich in den Bühnenbildern, die nach seiner Rückkehr entstanden sind.
Und so kommt es auch, dass Schinkel in einem "Memorandum" im Dezember 1813 an den damaligen Berliner Theaterdirektor Iffland tiefgreifende Reformen an den überkommenen pomphaften barocken Bühnenbildern forderte. Einer klaren, vereinfachten Struktur der Bühnendekoration sollte eine künstlerisch selbständige Bedeutung als symbolische Bildwand zukommen: "Wenn wir daher unsere Szene in den mehrsten Fällen mit einer einzigen großen Bildwand verzieren könnten (...) [so würde] der größte Vorteil (...) der sein, daß das Bild der Szene in jeder Hinsicht künstlerisch behandelt werden könnte und dennoch als ein mitwirkender Nebenteil der Handlung weniger Abbruch täte, da es sich nicht prahlend vordrängt, sondern als symbolischer Hintergrund immer nur die für die Phantasie wohltätige Ferne hält."
Iffland stand den Reformvorschlägen Schinkels ablehnend gegenüber. Erst 1815, nachdem Graf Karl Moritz von Brühl die Position des zuvor verstorbenen Iffland als Intendant übernommen hatte, ergab sich für Schinkel die Möglichkeit, als Theaterdekorateur für die königlichen Bühnen tätig zu sein.
Schinkels Theaterdekorationen, die in der vorliegenden Sammlung dokumentiert sind, leiteten mit der "Symbolbühne" einen wegweisenden Wandel in der Bühnendekoration ein.
Literaturhinweise
Zur Geschichte der Entwürfe s. Pfäfflin, Die Bühne und die Welt, S. 123ff, in: Schulze Altcappenberg/Johannsen (Hg.), Schinkel, Geschichte und Poesie, Berlin 2012.
S.a. Harten, Die Bühnenentwürfe, München-Berlin 2000, S. 117ff.