Die Wahrsagerin 
Tapisserie aus der Folge "Jeux russiens" - image-1

Lot 1808 Dα

Die Wahrsagerin Tapisserie aus der Folge "Jeux russiens"

Auktion 1196 - Übersicht Köln
20.05.2022, 10:00 - Kunstgewerbe inkl. hochbedeutender Mörser der Sammlung Schwarzach Teil IV.
Schätzpreis: 15.000 € - 20.000 €

Die Wahrsagerin
Tapisserie aus der Folge "Jeux russiens"

Wirkerei in farbiger Wolle und Seide, hinterfüttert. Eine große dreifigurige Gruppe vor einer dichten Naturkulisse. Als Bordüre ein optisch dreidimensionaler Blattrahmen. In der unteren Bordüre gewirkte Signatur "D.M.BEAUVAIS". Fachmännisch restauriert und gereinigt, der äußere blaue Bordürenstreifen weitgehend ersetzt. H 282, B 380 cm.
Beauvais, um 1770 - 80, Atelier de Menou, nach Jean Baptiste Leprince.

Die hier vorgestellte Tapisserie "La Diseuse de bonne aventure" aus der Folge "Jeux russiens" nach Kartons von Jean Baptiste Leprince (1734 - 1781) wurde ca. ab 1767 in Beauvais hergestellt, in den Manufakturen Charron und Menou. Noch 1782, ein Jahr nach Leprinces Tod, entstand ein Exemplar als Geschenk des französischen Königs Louis XVI an den Kanzler des Fürstbischofs von Basel ausgeliefert (heute Musée Jacquemart-André).
Dasselbe Thema wurde von der Manufaktur in Beauvais bereits nach einem Motiv von François Boucher (1703 - 1770) für die Folge der "Italienischen Feste" produziert. Es geht zurück auf das in der Komposition sehr verwandte Gemälde von Boucher, das sich heute in den Sammlungen Châteaux de Versailles et Trianon befindet.
Jean Baptiste Leprince wählte eine andere Charakterisierung für die Figuren: Sie tragen keine ländliche französische Kleidung wie bei Boucher, sondern osteuropäisch wirkende Trachten, die auch Theaterkostüme sein könnten. Der Hintergrund wurde zusätzlich um eine große, über Baumstämme geworfene Zeltplane ergänzt und einen großen hölzernen Kinderwagen, der davor steht. Am rechten unteren Bildrand liegt das schlafende Kleinkind, gebettet zwischen Gemüse, Hühnern und Schafen.

Jean Baptiste Le Prince, 1731 in Metz geboren, entstammte einer Familie von Vergoldern und Bildhauern und war Schüler von Boucher und Vien. Er bereiste Italien, Finnland und Litauen, Russland, wo er sich in Moskau und Sibirien aufhielt. Von 1758 bis 1763 führte er Dekorationen für den Winterpalast in Sankt Petersburg aus. Die Reise nach Russland inspirierte sein zukünftiges Werk. Er brachte zahlreiche Zeichnungen mit, die er immer wieder verwertete und denen er seinen späteren Ruhm verdankte.

Provenienz

Verst. Kohn Paris am 26. März 2010, Lot 57.
Deutscher Privatbesitz.

Literaturhinweise

Ein weiteres größeres Exemplar dieses Wandteppichs in der Sammlung Musée Jacquemart-André Paris und ein kleineres im Mobilier National, Inv.Nr. GMTT-224-001.