Jan Miense Molenaer
Bauernhochzeit
Öl auf Leinwand (doubliert). 93 x 133 cm.
Monogrammiert unten rechts auf der Ledertasche: JM (ligiert).
In dieser bedeutenden und qualitätsvollen Bauernhochzeit führt uns Jan Miense Molenaer eine fröhliche Festgesellschaft vor Augen, die sich in einer Scheune versammelt hat. Gezeigt werden beinahe vier Dutzend Dorfbewohner, die das Ereignis mit Speisen, Getränken, Musik und Tanz ausgelassen feiern. Die Braut sitzt rechts aussen an einer gedeckten Tafel vor einem aufgespannten Hochzeitstuch, während der Bräutigam, wie in den meisten holländische Darstellungen des 17. Jahrhunderts, nicht genau zu identifizieren ist – möglicherweise ist er der fröhliche Trinker am rechten Ende des Tisches, der das Flötenglas hebt, oder er hat sich unter die tanzende Menge gemischt. Auf ihrem offenen Haar trägt die Braut eine Brautkrone, wie auch die junge Frau neben ihr, bei der es sich um eine der Brautjungfern handeln könnte. Ihre steife Pose entspricht dem damals vorherrschenden Brauch: die Braut musste während der gesamten Feier sitzen bleiben, bewegungslos und mit gefalteten Händen. Ausserdem durfte sie nichts essen.
Die Bauernhochzeit steht am Anfang einer Serie von späteren Werken Jan Miense Molenaers, die die Haarlemer Tradtion von Bauerndarstellungen wie sie Adriaen Brouwer und Adriaen van Ostade schufen, weiterführt. Um 1659-60 zu datieren (siehe Weller 1992, S. 171), ist sie stilistisch eng verwandt mit zwei bedeutenden Werken Molenaers, eine Dorfschänke von 1659 in den Staatlichen Museen zu Berlin (Abb. 1) und eine ebenfalls großformatige Bauerngesellschaft von 1662 im Museum of Fine Arts, Boston. In dieser kurzen Periode schuf Molenaer trotz persönlicher Schicksalsschläge - Krankheit und Tod seiner Frau Judith Leyster - einige seiner besten und anspruchvollsten Gemälde. Alle drei Gemälde haben viele Motive und architektonische Details gemeinsam. Die fröhlich turbulente Szenerie wird durch die gleiche Verwendung von Beleuchtung, Passagen in kräftigen Lokalfarben vor tonalen Hintergründen und einem Kontrast zwischen glatter und grober Pinselführung hervorgehoben.
Bauernfeste wie Vorliegendes sind voller moralischer Anspielungen und Warnungen an den Betrachter. Dieser wird durch zahlreiche direkt aus dem Bild blickende Figuren zum Blickkontakt aufgefordert. Die gesamte Szene kann als eine Darstellung der Zügellosigkeit verstanden werden: die Flöte in der Hand des Jungen im rechten Vordergrund (Abb. 2) ist beispielsweise eine Anspielung auf die Hochzeitsnacht, die auf das Hochzeitsfest folgt. Verschiedene Laster sind dargestellt: es wird ausgiebigst getrunken, gegessen und geschäkert. Als Warnung vor übertriebenem Verhalten, das zu Schaden führen kann, hängt im Bildhintergrund das Gemälde eines Affen, der die Pfote einer Katze ins Feuer hält. Dieses Motiv hat Molenaer einem zeitgenössischem Emblembuch entnommen (siehe Weller, 1992, S. 173, ill.). Er steht damit in der Tradition Pieter Bruegels d. Ä., an dessen „Revival“ der Haarlemer mitwirkte. So zitiert er eines von Breughels tanzenden Paaren aus dessen 1566 entstandem Hochzeitstanz (The Detroit Institute of Arts) im Mittelgrund links. Vergleichbar ist insbesondere die Figur des Mannes, der über seine Schulter nach hinten zu seiner Partnerin mit weisser Haube schaut.
Abb. 1 / Ill. 1
Jan Miense Molenaer, Die Dorfschänke / The Village Inn, 1659, Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Ident. Nr, 949.
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Abb. 2 / Ill. 2
Jan Miense Molenaer, Bauernhochzeit / Peasant Wedding Feast, Detail / detail.
Provenienz
Europäische Privatsammlung.
Literaturhinweise
Dennis Weller: Jan Miense Molenaer (c. 1609/1610-1668): the life and art of a seventeenth-century Dutch painter, Ann Arbor, 1992, S. 199, 490, Abb. 79. - Edwin Buijsen, "Marcus Gheeraerts (1521-ca. 1604)", in: Delineavit et Sculpsit 17 (1997), S. 57-58.
Ausstellung
Music & Painting in the Golden Age, Hoogsteder & Hoogsteder, 11. Mai – 10. Juli 1994, Hessenhuis Antwerpen, 29. Juli – 30. Oktober 1994, S. 242-247, Nr. 28. - Jan Miense Molenaer, Painter of the Dutch Golden Age, North Carolina Museum of Art, Raleigh, North Carolina, 13. Oktober 2002 – 5. Januar 2003, Indianapolis Museum of Art, Columbus, Indiana, 25. Januar 2003 – 16. März 2003, The Currier Museum of Art, Manchester, New Hampshire, 6. April 2003 – 17. Juni 2003, S. 23, S. 42, S. 171-173, Nr. 35 (mit Abb.). – Rembrandt & Saskia, liefde in de Gouden Eeuw / Kassel…verliebt in Saskia, Liebe und Ehe in Rembrandts Zeit, Fries Museum, Leeuwarden, 24. November 2018 – 17. März 2019 und Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, 12. April 2019-11. August 2019, S. 3 und S. 79. - Music & Dance in the Golden Age of Dutch Painting, Polk Museum of Art, Lakeland, Florida, USA, 8. Februar – 4. November 2020.