Johann Heinrich Wilhelm Tischbein - Der Esel in der Bibliothek - image-1

Lot 2307 Dα

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein - Der Esel in der Bibliothek

Auktion 1197 - Übersicht Köln
21.05.2022, 14:30 - 19. Jahrhundert
Schätzpreis: 10.000 € - 14.000 €
Ergebnis: 21.250 € (inkl. Aufgeld)

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Der Esel in der Bibliothek

Aquarell auf Papier, auf dünnem Karton montiert.. 32,5 x 24,5 cm.

Die mit Pastelltönen zart kolorierte Gouache „Der Esel in der Bibliothek“ ist um 1810 im Zusammenhang mit Tischbeins Roman „Der Schwachmatikus und seine vier Brüder, der Sanguinikus, Cholerikus, Melancholikus und Phlegmatikus, nebst zwölf Vorstellungen zum Esel“, kurz „Eselsgeschichte“, entstanden. Wie viele Künstler seiner Zeit war Johann H. W. Tischbein nicht nur ein produktiver Maler, sondern betätigte sich auch als Schriftsteller und Illustrator. Der erste Entwurf seines Romans geht noch auf seinen Aufenthalt in Neapel zurück, doch erst nach der Übersiedlung ins holsteinische Eutin 1809 konnte er mit Hilfe der Schriftstellerin Henriette Hermes den Roman samt seiner Illustrationen veröffentlichen. Auch wenn einzelne Episoden autobiografische Züge besitzen, handelt es sich bei der Hauptfigur nicht um ein Selbstporträt, sondern um eine Verbildlichung des talentierten, aber erfolglosen Musikers Nicolò Salo.
In der vorliegenden Gouache erscheint anstatt des Esels ein Zebra, laut Text ein „bunter Esel“. Dem fünften Kapitel des Romans folgend, sind hier der junge Dichter und der Haushofmeister des Prinzen dargestellt, der – seine Leibesfülle deutet es an – nur an den weltlichen Genüssen interessiert ist. Dabei versucht der Dichter ihm die Büsten des Sokrates, Jesus von Nazareth, des blinden Sängers Homer und des geflügelten Pythagoras zu erklären. Doch vergebens – die Welt verkennt die Werte der Dichter, Philosophen und Religionsgründer und nutzt die Bibliothek lieber als Stall für exotische Tiere. Wie im gesamten Eselsroman handelt es sich hier auch um die Idee des verkannten Genies.
Eine unvollendete Vorzeichnung und eine weitere Fassung des Bildes befinden sich im Landesmuseum Oldenburg (Inv. Nr. LMO 15.139 und Inv. Nr. LMO 15.096).

Literaturhinweise

Hermann Mildenberger: Wilhelm Tischbein als Illustrator und Autor eines Romans, in: Johann Heinrich Wilhelm Tischbein – Goethes Maler und Freund, Ausst.-Kat. Oldenburg 1987, Bd. 1, S. 51–77; Eselsgeschichte oder Der Schwachmatikus und seine vier Brüder der Sanguinikus, Cholerikus, Melancholikus und Phlegmatikus nebst zwölf Vorstellungen vom Esel von Wilhelm Tischbein, hrsg. von Peter Reindl, in: Johann Heinrich Wilhelm Tischbein – Goethes Maler und Freund, Ausst.-Kat. Oldenburg 1987, Bd. 2. - Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829). Das Werkt des Goethe-Malers zwischen Kunst, Wissenschaft und Alltagskultur, hrsg. von Arnd Friedrich, Fritz Heinrich und Christiane Holm, Petersberg 2001, S. 95 (Abb. 17).