Lot 72 D

„Nach ersten Flecken, die die Leinwand verschmutzen, ihr den Charakter abweisender Unberührbarkeit nehmen, ist schon etwas da, das zwischen Herantasten und Wissen, Empfindung und Überlegung spielt. Wenn ein Drittes oder Viertes hinzukommt, ist die Unschuld weg. Dann bin ich in einem Prozess, dem ich mich quasi unterordnen muss, der Wille ist nicht mehr so wichtig. Die Notwendigkeit, etwas zu machen, ist stärker als alle Absichten!' Der Arbeitsprozess, der ihn jetzt erfasst hat, untersteht nicht ausschließlich dem eigenen Willen, wird nicht von intellektuellen Entscheidungen allein getragen, sondern vollzieht sich nach eigenen Gesetzen. ‚Die Farben reißen Formen an sich, die Zeichen verlangen Farben - indem ich mich mitreißen lasse, gewinne ich mein Bild', so erlebt Schumacher den Vorgang der Bildfindung, in dem er als Künstler den Entstehungsprozess nahezu passiv geschehen lässt. 'So male ich eine Form, füge eine Linie hinzu, einer Bewegung setze ich eine Gegenbewegung entgegen, kratze diese fort, lasse dort die Leinwand durchscheinen, eine pastose Stelle hierin, so wie ich es fühle und denke, ohne dass ich eigentlich das warum erklären kann.' Aus der Interaktion von Linien und Farben, von Zeichen und Formen erwächst die Komposition." (Ernst-Gerhard Güse (Hg.), Emil Schumacher, Das Erlebnis des Unbekannten, Ostfildern 2012, S.75).