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Lot 1563 Dα

Abraham Mignon - Blumen in Waldlandschaft

Auktion 1209 - Übersicht Köln
19.11.2022, 11:00 - Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen 14.-19. Jh.
Schätzpreis: 350.000 € - 400.000 €
Ergebnis: 453.600 € (inkl. Aufgeld)

Abraham Mignon

Blumen in Waldlandschaft

Öl auf Leinwand (doubliert). 73 x 60 cm.
Signiert oben links: AB Mignon fec. (AB ligiert)..

Auf ein goldenes Zeitalter der Kunst zurückblickend, verfasste Arnold Houbraken zu Beginn des 18. Jahrhunderts seine Sammlung von Biografien niederländischer Künstler, die „Groote schouburgh der Nederlantsche konstschilders en schilderessen“. Houbraken versäumte es darin nicht, unmittelbar zu Beginn den Beitrag von Künstlern aus fremden Ländern zu würdigen, die aus "Deutschland, der Schweiz, der Jülicher Region, der Kölner Region" in das Land gekommen seien, um die niederländische Kunst zu bereichern; Künstler wie Caspar Netscher, Govaert Flinck, Johannes Lingelbach – und Abraham Mignon aus Frankfurt.
Die Reichsstadt Frankfurt und Utrecht, ein Zentrum der holländischen Stilllebenmalerei, waren die geografischen Fixpunkte in der eindrucksvollen, aber kurzen Karriere Abraham Mignons, der seinen wohlklingenden französischen Namen Vorfahren aus der Region Hainaut verdankte. Jacob Marell und Jan Davidsz. de Heem wiederum waren die künstlerischen Bezugspunkte in seinem Schaffen, das er ganz der Stilllebenmalerei widmete. Wohl im Jahr 1649, kaum zehnjährig, geht er in Frankfurt bei Jacob Marrell, einem Schüler Georg Flegels mit engen künstlerischen Verbindungen nach Utrecht, in die Lehre. 1659 sind Mignon und Marrel gemeinsam auf dem Weg nach Utrecht, ein Jahr später finden wir Mignon in der Werkstatt des führenden Meister des Faches, Jan Davidsz. de Heem (vgl. Lot 1562), dessen Blumen- und Früchtestillleben prägend für ihn werden. Als 1672 de Heem nach Antwerpen übersiedelt, übernimmt Abraham Mignon wohl dessen Werkstatt. Mignon stirbt bereits 1679, mit gerade einmal 40 Jahren, was die geringe Anzahl von 69 eigenhändigen Gemälden im Werkverzeichnis erklärt. Das vorliegende Gemälde, seit über 40 Jahren in deutschem Familienbesitz, ist gemäß Kraemer-Noble eines der unzweifelhaften signierten Meisterwerke des Künstlers (Kraemer-Noble 2007, op. cit., S.224f, Nr. 88).
Es handelt sich um ein Waldbodenstillleben. Im Schatten eines Apfelbaums wachsen Blumen in mannigfaltigen Farben und Formen: Margeriten, Schwertlilien, Zyperngras, Feldmohn, Kamille sprießen aus dem Boden, gleich einem Feuerwerk leuchten die Blütenblätter auf in Rot, Blau, Gelb und Weiß, begleitet vom Grün der gezackten und gezahnten Blätter. Der Begriff Stillleben scheint eigentlich unpassend für dieses Bild, in dem so viele Insekten, Kleintiere und Vögel flattern, hüpfen und kriechen. Auf den Blüten und Blättern sitzen Käfer und Bienen, eine Distel fliegt zu ihrem Nest, Schnecken, Eidechsen und Frösche hocken auf den Steinen, einige der Frösche schwimmen im Wasser, das nahezu den gesamten vorderen Teil bedeckt, so dass auch von Waldboden eigentlich nicht die Rede sein kann. Es ist ein farbenprächtiger Mikrokosmos am Fuße eines Baums, abgeschieden von der Zivilisation.
Abraham Mignon knüpft in diesem Waldbodenstillleben an eine Gattung an, die Künstler wie Otto Marseus van Schrieck und Mathias Withoos in den Niederlanden populär gemacht haben. Mignons Komposition ist dabei auf ostentative Weise artifiziell, es handelt sich um eine kunstvoll arrangierte Natürlichkeit. Mignon zeigt hier all seine Meisterschaft in der Komposition wie der Wiedergabe unterschiedlicher Stofflichkeit, die auch seine Blumenbouquets und Obststillleben auszeichnen. Die bildbestimmende diagonale Komposition der prachtvollen Blumen wird begleitet vom Zickzack der Blicke und Bewegungen der Tiere, etwa wenn die Distel zu ihrem Nest fliegt, der Frosch auf die Schlange blickt oder der Salamander in Richtung der Schnecken sich schleicht. Mignons Können zeigt sich auch in der genau beobachteten und präzise wiedergegebenen Oberflächenbeschaffenheit der Tiere und Objekte: das nuancierte Hellbraun der dünnen Äste, aus denen das Vogelnest gebaut ist; die klaren Wassertropfen auf den Blüten und Blättern; das grün-ockerfarbene Changieren der Borke und das glitzernde Dunkelgrüne des Mooses; die gelben, grauen, roten Steine, deren Maserung und Verwitterung dem Betrachter vor Augen geführt werden. Kraemer-Noble vergleicht dieses Werk mit Waldbodenstillleben Mignons, die sich heute in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in Ansbach (Inv. 1645) und im Smith College of Art in Northhampton, MA (Inv. Nr. 1957:3) befinden und in Format, Komposition und Gestaltung der Szenerie ähnlich sind (Kraemer-Noble 2007, op. cit., S. 220-224).

Provenienz

Graf Grégoire Stroganoff, Schloss Nemiroff, Westrussland/Rom, c. 1911. – Sammlung Bob Smith, Washington D.C. – Julie Kraus Galerie, Paris, 1978. – Seitdem in deutscher Privatsammlung.

Literaturhinweise

Pictures in the Stroganoff Collection, Rome, in: Revue d´art Starje-Gody, St. Petersburg 1909. – A. Munoz: Pièce de choix de la collection du Comte de G. Stroganoff, Rom 1911, S. 91, Tafel LXXII. – Thieme-Becker XXIV, S. 548. – Magdalena Kraemer-Noble: Abraham Mignon, Leigh-on-Sea 1973, Nr. A60, Abb. 35. - Magdalena Kraemer-Noble: Abraham Mignon 1640-1679, catalogue raisonné, Petersberg 2007, S. 224-225, Nr. 88.