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Lot 38 D

Alberto Giacometti - Projet pour un monument pour Gabriel Péri. Projet pour une place

Auktion 1211 - Übersicht Köln
02.12.2022, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 1.800.000 € - 2.200.000 €
Ergebnis: 2.676.000 € (inkl. Aufgeld)

Alberto Giacometti

Projet pour un monument pour Gabriel Péri. Projet pour une place
1946

Zwei Bronzeplastiken. 39,2 x 10,9 x 18,6 cm und 18,5 x 9,2 x 12,7 cm. Jeweils auf der linken Seitenfläche des Sockels signiert 'A. Giacometti' sowie jeweils auf der rückseitigen Seitenfläche nummeriert und mit dem Gießerstempel "C.VALSUANI CIRE PERDUE" versehen. Jeweils Exemplar 1/8. Gegossen 1993/1994 in einer Auflage von 8 Exemplaren. - Mit schöner, grünlich-brauner Patina. - In sehr guter Erhaltung.

Der Denkmalsentwurf „Projet pour un monument pour Gabriel Péri“ ist ein bedeutender Meilenstein im Oeuvre Alberto Giacomettis. Erstmals führt er hier das bedeutende Motiv des schreitenden Mannes aus, das sein weiteres Schaffen maßgeblich dominiert und letztendlich in seinem berühmtesten Werk kulminiert, dem lebensgroßen „L’homme qui marche“ von 1960.
Unmittelbar nach dem Ende des II. Weltkrieges wurden in Frankreich vielfach bildnerische Projekte angeregt, um die Opfer und Helden der Résistance zu ehren. Auch Alberto Giacometti beteiligte sich, wohl auf Anregung von Louis Aragon, mehrfach an der Konzeption solcher Denkmäler. 1946 schrieb die Zeitung "L'Humanité" einen Wettbewerb zu Ehren des Journalisten und Abgeordneten der Kommunistischen Partei Gabriel Péri (1902-1941) aus, der von den deutschen Besatzern nach einer öffentlichen Rede in der Nationalversammlung in Paris verhaftet und umgebracht worden war. Casimiro Di Crescenzo, Giacometti-Forscher und Mitglied des Comité Giacometti, hat sich intensiv mit der Geschichte dieses Denkmalentwurfs auseinandergesetzt: „Man plante für Gabriel Péri ein Denkmal, das vor dem Bahnhof von Saint Lazare (jetzt Place Gabriel Péri) platziert werden sollte. Die Wahl war auf diesen Ort gefallen, weil sich dort die Endstation der Zugverbindung nach Argenteuil befand, jener Stadt, die Gabriel Péri als Abgeordneter vertreten hatte. Dieser Wettbewerb sollte nie entschieden werden, weil die Kommunistische Partei 1947 aus der Regierung schied und damit auch die Idee des Denkmals fallengelassen werden musste.“ (Casimiro Di Crescenzo, Giacometti - Künstler und Revolutionär, in: Ausst. Kat. Alberto Giacometti, Kunsthalle Wien/Edinburgh 1996, Stuttgart 1996, S. 49; ders., Giacometti, Artist and Revolutionary, in: Ausst. Kat. Alberto Giacometti, Ravenna, Loggetta Lombardesca, 10.10.2004 - 20.2.2005, Mailand 2004, S. 56).
Giacometti entwarf das in monumentalen Größenmaßstäben konzipierte Mahnmal teils in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Architekten Paul Nelson, der den Sockel gestalten sollte. Nachdem die Realisation verworfen worden war, verblieb die ursprüngliche Konzeption des „Projet pour un monument pour Gabriel Péri“, die Alberto Giacometti noch ohne die Beteiligung Nelsons erstellt hatte, als Gipsentwurf in seinem Atelier. Er ging später an seinen Bruder Diego über, ebenso wie das gleichfalls in diesem Zusammenhang entstandene Modell „Projet pour une place“. 1993/94 wurden von diesen beiden bedeutenden Gipsen Bronzegüsse in einer Auflage von je 8 Exemplaren angefertigt.
„Projet pour un monument pour Gabriel Péri“ markiert eine Zäsur im künstlerischen Werk Alberto Giacomettis, denn erstmals realisiert er hier die Darstellung eines schreitenden Mannes. Die Plastik kombiniert die archaische Form einer aufrechten Stele mit der für das Oeuvre Giacomettis so charakteristischen menschlichen Figur. Die schmale, stark gelängte Silhouette des schreitenden Mannes zeigt die bedeutende Wandlung zu seinem reifen Stil, nachdem die früheren surrealistischen Abstraktionen bereits Mitte der 1930er Jahre von realistischen Porträtdarstellungen abgelöst worden waren.
„Hatte der Künstler für das Grabmal des Vaters 1934 und für dasjenige von Gerda Taro 1937-1938 eine der frühchristlichen und ägyptischen Kunst entlehnte Symbolsprache benutzt, um die Vorstellung der Unsterblichkeit zum Ausdruck zu bringen, so begann er in ‚Projet pour un monument pour Gabriel Péri‘ eine persönlichere Symbolik zu entwickeln. Die Komposition besteht aus einer schreitenden männlichen Figur neben einer Stele […]. Das Flammenmotiv ist eine Anspielung auf die Flamme der Erinnerung auf dem Grab des Unbekannten Soldaten unter dem Arc de Triomphe. Erstmals gelangt in Giacomettis plastischer Arbeit die Figur des schreitenden Mannes zur Ausführung, sicherlich mit Bezug auf die Kunst des alten Ägyptens, wo dieses Motiv den Zugang in das Totenreich mit dem ewigen Leben in Einklang bringt. Bedenkt man, dass die Plastik als Denkmal konzipiert war, kann das Auftauchen der schreitenden männlichen Figur nicht über Wahrnehmungstheorien erklärt werden. Einsichtig erscheint es, wenn man […] eine mythische Dimension im Werk des Künstlers erkennt. Vor der Entstehung dieser Plastik standen weibliche schreitende Figuren als Metapher für die Ganzheit des Lebens: beispielsweise in der Zeichnung ‚Danseuse des corde‘, 1943, oder in der Gipsplastik ‚La nuit‘, 1946-1947 - eine schreitende weibliche Figur auf einer sarkophagähnlichen Basis, die als Denkmal für den französischen Widerstand konzipiert war. Später, 1950, mit ‚Figurine dans une boîte entre deux maisons‘ und ‚Le chariot‘, das als Monument für einen öffentlichen Pariser Platz gedacht war, wird die Frau nur noch unbewegt stehend dargestellt. Dagegen vermehren sich die Plastiken von schreitenden Männern, wie ‚Homme qui marche sous la pluie‘, 1948, und ‚Trois hommes qui marchent‘, 1948. Wenn die Arbeiten für die besagten Wettbewerbe aus je unterschiedlichen Gründen auch nie über das Projektstadium hinausgelangten, kamen sie jedoch Giacomettis Kunstwollen entgegen, Kompositionen mit Figuren zur Ausführung zu bringen.“ (Di Crescenzo, a.a.O.).
„Projet pour une place“ steht in direktem Entstehungskontext zu dem Denkmal von Gabriel Péri, wie Fotoaufnahmen aus Diego Giacomettis Atelier, vor allem aber Entwurfsskizzen aus dem Notizbuch Alberto Giacomettis aus dem Jahr 1946 belegen (s. Vergleichsabb.)
Von besonderem Interesse ist hier der Bezug zu einer gleichnamigen surrealistischen Arbeit von 1932. Dieser frühe Entwurf, der auf einer rechteckigen Plinthe verschiedene abstrakte Formen verselbständigt hat und räumlich zueinander arrangiert, zeigt schon zentral die senkrecht ragende und oben abgerundete Stele, die in dem vorliegenden Entwurf von 1946 wieder als bedeutungsvolles Mahnmal aufgerichtet wird.
„Der Platz wäre demnach mit der späteren Place de Gabriel Pétri vor dem Bahnhof Saint Lazare identisch. Das Denkmal symbolisiert Leben und Tod in Form eines wachsenden und eines gefällten Baumes. […] Entstehungsgeschichtlich liegt ‚Projet pour une place‘ zwei bis drei Jahre vor ähnlichen Plastiken wie ‚Place‘ und ‚Trois hommes qui marchent‘.“ (Di Crescenzo, a.a.O.)
Die beiden Werke zusammen stehen für die bahnbrechende Wende in der künstlerischen Entwicklung Alberto Giacomettis, indem sie wichtige Schlüsselsymbole, den Baum und die Stele, mit dem innovativen Motiv des schreitenden Mannes zu hochverdichteten Ensembles vereinen – eine Essenz von Giacomettis künstlerischer und intellektueller Vision im Jahr 1946.

Werkverzeichnis

Alberto Giacometti Database (AGD) 3901 und 4060

Zertifikat

Jeweils mit einer Foto-Expertise von Hubert Lacroix, Catherine Grenier und Christian Klemm, Comité Giacometti, Paris, vom März bzw. November 2018.
Aktuell setzt sich das Comité Giacometti aus folgenden Personen zusammen: Catherine Grenier, Hubert Lacroix und Casimiro Di Crescenzo.

Provenienz

Aus dem Freundeskreis des Künstlers; Privatsammlung

Literaturhinweise

Casimiro Di Crescenzo, Giacometti - Künstler und Revolutionär, in: Ausst. Kat. Alberto Giacometti, Kunsthalle Wien/Edinburgh 1996, Stuttgart 1996, S. 48-50, vgl. Kat. Nr. 117-119; Casimiro Di Crescenzo, Giacometti, Artist and Revolutionary, in: Ausst. Kat. Alberto Giacometti, Ravenna, Loggetta Lombardesca, 10.10.2004 - 20.2.2005, Mailand 2004, S. 55 ff.

Ausstellung

Heilbronn/Künzelsau 1996 (Städtische Museen/Museum Würth), Plätze und Platzzeichen: der Platz - ein Thema der Kleinplastik seit Giacometti, Kat. Nr. 51 und 52; Frankfurt am Main 1998/1999 (Schirn Kunsthalle), Alberto Giacometti. Werke und Schriften, Kat. Nr. 18 und 20, mit Abb. S. 43 und 45; Mailand/Mannheim 2000 (Fondazione Antonio Mazzotta/Städtische Kunsthalle), I Giacometti. La valle, il mondo/Die Familie Giacometti. Das Tal, die Welt, mit Abb. S. 100