Lot 58 D

In diesem doppelansichtigen Gemälde vereinen sich die beiden Meisterdisziplinen Mela Muters: die Landschaft und das Bildnis.
1940 floh Mela Muter vor dem Krieg aus Paris nach Südfrankreich und lebte teils in Avignon, wo sie eindrucksvolle Ansichten der Stadt schuf. Dieses prachtvolle Panorama erfasst die räumliche Situation von einem erhöhten Standpunkt aus und zeigt die geschichtsträchtige Stadt in einer warmen, lichtdurchfluteten Atmosphäre. Olivenbäume und einfache Wohngebäude im Vordergrund leiten über zu den beiden Flussarmen der Rhône. Rechts im Mittelgrund ragt am diesseitigen Ufer die Silhouette des Tour Philippe-le-Bel auf, der einst die Grenze zwischen dem Königreich Frankreich und dem päpstlichen Territorium von Avignon kennzeichnete. Über dem zweiten Flussarm ist die Ruine der Pont Saint-Bénézet zu erkennen, dahinter erstreckt sich der mittelalterliche Stadtkern von Avignon, gekrönt von den monumentalen Mauern und Türmen des Papstpalastes. Muter beherrschte die Schilderung dieser komplexen, vielfach gestaffelten Landschaft meisterhaft, organische Naturformen und kubische Gebäudeumrisse gehen eine harmonische Einheit ein. Charakteristisch für ihre südfranzösischen Ansichten ist die Verwendung von warmen Weiß- und Ockertönen, die die Sonne zu reflektieren scheinen, akzentuiert von frischem Blau und Rot.
Die emotionale Verbundenheit der Künstlerin mit dem Thema der Mutterschaft wird in dem umseitigen Doppelporträt deutlich. Darstellungen von Frauen mit ihren Kindern, oft aus einfachsten Gesellschaftsschichten, gehören zu ihren häufigsten Sujets. Die sitzende Mutter bildet eine bildnerische Einheit mit dem Kleinkind auf ihrem Schoß, das kühle, vielfältig nuancierte Inkarnat und die Blautöne der Kleidung unterstreichen diese Verbundenheit noch. Das nach unten abgewandte Gesicht der Mutter und der ernste Blick ihres Kindes schließen jegliche Sentimentalität aus, darstellerische Details wie die Tupfen auf der Bluse und das durch die weißen Gardinen schimmernde Fensterkreuz verorten die Szenerie mitten im Leben.