Lot 59 N

Mela Muter war eine meisterhafte Porträtmalerin, deren Talent bei ihren Pariser Zeitgenossen nach Ende des I. Weltkrieges sehr gefragt war. Sie porträtierte unzählige berühmte Persönlichkeiten, unter anderem den Galeristen Ambroise Vollard und den Politiker Georges Clemenceau, ihr Interesse galt aber auch Menschen einfachster Herkunft. Die Intensität, mit der Muter jedes ihrer Modelle ins Bild zu setzen vermochte, ist unverwechselbar. Meist in ernsthafter und nachdenklicher Stimmung erfasst, sind sie ganz bei sich. Sie präsentieren sich nicht, teils scheinen sie sich der Präsenz der Malerin nicht einmal bewusst zu sein.
Dies gilt auch für die beiden in dieser Auktion zum Aufruf kommenden männlichen Porträts. Die Männer, deren Identitäten nicht überliefert sind, repräsentieren sehr unterschiedliche Personentypen und sind auch malerisch differenziert aufgefasst. Doch zeugen sie gleichermaßen von Muters Einfühlungsvermögen. Dabei verwahrte sich die Künstlerin stets davor, als psychologische Instanz gesehen zu werden. „Nein, ich mache keine psychologischen Porträts. Ich weiß nicht einmal, was man tun muss, um ein psychologisches Porträt zu malen. Ist die Person, die ich male, gut, großzügig, unecht oder intelligent? Diese Frage stelle ich mir nicht einmal. Ich versuche einfach, mich dieser Person zu bemächtigen, wie ich es mit einer Blume, einer Frucht oder einem Baum tue. Ich dringe in sie hinein – wenn es mir gelingt – und drücke mich durch sie aus. (Zweifellos liegen mir gewisse Melancholien, gewisse Schmerzen und eine gewisse Schwermut näher als Eleganz und Fröhlichkeit).“ (zit. nach: Mela Muter. Retrospektiv-Ausstellung, Galerie Gmurzynska, Köln 1967, o.S.).