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Lot 74 D

Anton Räderscheidt - La lettera

Auktion 1211 - Übersicht Köln
02.12.2022, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 80.000 € - 100.000 €

Anton Räderscheidt

La lettera
1923

Öl auf Holz. 50 x 39,7 cm. Gerahmt. Unten links schwarz signiert 'Anton Räderscheidt'. - In guter, farbfrischer Erhaltung. Spuren einer späteren Restaurierung und im Bereich des Schmetterlings leichtes Craquelé.

Um 1920 setzte im Schaffen des Kölner Malers Anton Räderscheidt die Stilllebenmalerei ein – das zweite wichtige Bildthema neben Porträts, beziehungsweise Bildern von Paaren. Das zum Aufruf kommende Stillleben „La Lettera“, „der Brief“, gehört zu den frühesten Werken einer mehrteiligen Serie von Tulpenstillleben aus den frühen 1920er Jahren. Das der Neuen Sachlichkeit zugehörende Bild gewinnt seinen Reiz durch eine edle, zurückhaltende Farbgebung und eine ausgewogene Komposition.
Vor braunem, im oberen Drittel schwarzem Hintergrund trug Räderscheidt die drei Bildmotive, die Vase, das Blatt Papier und den Schmetterling, behutsam, beinahe schwebend auf. Während die schlichte Glasvase mit zwei weißen Tulpen die rechte Bildhälfte einnimmt, liegt links ein weißes Stück Papier, auf das sich ein gelblich schimmernder Schmetterling niedergelassen hat. Im Sinne der Neuen Sachlichkeit sind alle Motive mit höchster Präzision wiedergegeben. Ebenso durchdacht ist die Farbgebung: So finden sich auf dem Stillleben nicht nur drei verschiedene Nuancen von Grün, sondern auch eine erstaunliche Bandbreite an Weißtönen, das ins Gräuliche tendierende Weiß der Tulpen, das harte Weiß des Papiers und die zart weiß-gelbe Färbung der Schmetterlingsflügel. Kompositorisch lassen sich verschiedene Diagonalen ausmachen, die alle nur das eine Ziel haben – die Betonung des Hauptmotivs. Bei aller Präzision der Darstellung bleibt es nicht bei einer vordergründigen Präsentation zweier Tulpen: Das Stück Papier dürfte im Sinne des Bildtitels „La Lettera“ vielleicht als Liebesbrief zu interpretieren sein und der Schmetterling, seit alters her ein Symbol vergänglicher Schönheit und Unsterblichkeit, als Zeichen der jungen Ehe Räderscheidts mit der Künstlerin Marta Hegemann.
Das Gemälde stammt aus der renommierten Kölner Sammlung von Kasimir Hagen (1887 – 1967). Hagen leitete seit 1926 die in der gleichnamigen Straße gelegene Richmod-Galerie, in der er vor allem die jungen rheinischen Künstler förderte. Ein besonders enges künstlerisches Verhältnis verband ihn mit Räderscheidt, von dessen Hand er über 50 Werke, den größten privaten Bestand, besaß. Zum Dank fertigte Räderscheidt 1954 ein Porträt seines Galeristen und Sammlers an.

Werkverzeichnis

Im Kasimir Hagen-Archiv wurde das Bild mit der Nummer KH1356 geführt.

Provenienz

Richmod-Galerie Casimir Hagen, Köln (mit Etikett auf der Rückseite); Privatsammlung Köln

Literaturhinweise

Werner Schäfke, Michael Euler-Schmidt (Hg.), Anton Räderscheidt, Köln 1993, Kat. Nr. 11 mit Farbabb. S. 62

Ausstellung

Bielefeld 1990/91 (Kunsthalle Bielefeld), Neue Sachlichkeit - Magischer Realismus, Kat. Nr. 120; Köln 1993 (Josef-Haubrich-Kunsthalle), Anton Räderscheidt 1892 - 1970. Retrospektive, S. 62; Heilbronn 2012 (Städtische Museen Heilbronn, Kunsthalle Vogelmann), Aufbruch Realismus. Die neue Wirklichkeit im Bild nach '68, S. 38