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Lot 75 Dα

Heinrich Hoerle - Arbeiter

Auktion 1211 - Übersicht Köln
02.12.2022, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 200.000 € - 300.000 €
Ergebnis: 352.800 € (inkl. Aufgeld)

Heinrich Hoerle

Arbeiter
1931

Öl auf Leinwand. 81 x 66,5 cm. Gerahmt. In der Darstellung am rechten Rand oben monogrammiert 'h'. Rückseitig signiert, datiert und betitelt 'hoerle 1931/3 arbeiter'.

Die Kölner Dada-Bewegung hinter sich lassend, wenden sich die Künstlerfreunde Heinrich Hoerle, Franz Wilhelm Seiwert und Anton Räderscheidt zunehmend sozialen Inhalten und einer einfachen Bildsprache zu – Kunst steht im Dienst sozialkritischer Inhalte und soll allen verständlich sein, so die „Kölner Progressiven“.
Ende 1919 schreibt Seiwert: „Wir wollen jenseits von aller schwatzhaften Geistigkeit einfache Arbeit tun (…) Wir gebrauchen das Bild, um die Tatsachen außen im Bild Tatsache werden zu lassen: Profitmaschinen, Arbeitssklaven, Ausbeuter, Ausgebeutete. Unsere Bilder stehen im Dienste der Ausgebeuteten, zu denen wir gehören und mit denen wir uns solidarisch fühlen, deshalb lehnen wir die zur Ergötzung des Bürgers vollführte, angeblich antibürgerliche, dadaistische Harlekinade ab, weil wir nicht den Bankrott des Bürgertums, sondern den Schaffenswillen der Masse sichtbar zu machen haben.“ (zit. nach: Ausst. Kat. Heinrich Hoerle, Leben und Werk, Köln 1981, S. 30).
Der Maler als Arbeiter: Das Gemälde „Arbeiter“ ist ein Selbstporträt, ein Statement, welches Heinrich Hoerle in den frühen 1930er Jahren in seinen Gemälden und Zeichnungen variiert. Wie der französische Maler Fernand Léger zuvor zu einem mechanistischen Bildvokabular während seiner kriegsbedingten Kameradschaft mit Bergleuten, Holzfällern und Metallarbeitern kommt, findet auch Hoerle in der Auseinandersetzung mit sozialen Themen zu seiner auf das Wesentliche reduzierten Bildsprache (vgl. Ausst. Kat. Köln 1981, op.cit., S. 38 f.).
Formatfüllend ist die männliche Figur frontal gegeben und hat den Blick auf den Betrachter gerichtet, die kleine weibliche Figur ist hingegen in der Rückenansicht dem Betrachter abgewandt. Ebenso antithetisch verhalten sich die Bäume zu den rauchenden Schornsteinen, formelhaft im Bildhintergrund zu sehen. Die Antithesen von Maschine – Natur, Fabrik – Künstler, Frau – Mann, Verso – Recto, Hell – Dunkel lösen sich auf in der Figur, die Fabrikarbeit und Kunst im eigenen Porträt versöhnt.
Raffiniert sind die einzelnen Bildelemente in haptischem Auftrag monochrom in Primär- und Komplementärfarben zueinander gesetzt und loten das Raumkontinuum ebenso aus wie die differenzierten Größenverhältnisse von Bildpersonal und Staffage. Körperliche Plastizität ist zudem durch den Wechsel von Hell und Dunkel evoziert. Einzelne Elemente sind mithin wie Maschinenteile zueinander gefügt, um den bildimmanenten Ablauf zu gewährleisten.
Das marktfrische Gemälde „Arbeiter“ ist eines der letzten Ölgemälde Hoerles, da sich der Maler ab 1932 der Wachsstifttechnik auf Papier zuwendet. Das ähnliche, ebenfalls 1931 entstandene, Werk "Arbeiter (Selbstbildnis vor Bäumen und Schornsteinen)" befindet sich heute in der Sammlung des Busch- Reisinger Museums der Harvard University (vgl. Backes 83). Man darf unser großformatiges, prominentes Gemälde von musealer Qualität zu den wichtigsten in Heinrich Hoerles Schaffen zählen.

Werkverzeichnis

Die Arbeit wird in das neue Werkverzeichnis Backes/Hanstein aufgenommen; Backes 85 (dort betitelt: "Der Arbeiter")

Provenienz

Sammlung August Sander; Sigrid Sander Biow; Gerd Sander; Privatsammlung Köln

Ausstellung

Köln 1931 (Kölnischer Kunstverein), Ausstellung Kölner Künstler; Köln 1932 (Kölnischer Kunstverein), Sammelausstellung; Köln/Kiel 2000 (Josef-Haubrich-Kunsthalle/Kunsthalle zu Kiel), Zeitgenossen: August Sander und die Kunstszene der 20er Jahre im Rheinland, Kat. Nr. 387 mit Farbabb. S. 18; Köln 2008 (Museum Ludwig), Köln Progressiv 1920-1933. Seiwert-Hoerle-Arntz, S. 33 mit Farbabb.