Lot 273 D α

Monumentaler Buddha Amida Nyorai auf Sockel und mit Aureole. Holz, über Schwarzlack vergoldet. Frühe Edo-Zeit, vor 1740

Auktion 1235 - Übersicht Köln
08.12.2023, 11:30 - Indien/Südostasien, Tibet/Nepal, China, Korea und Japan
Schätzpreis: 70.000 € - 90.000 €

Monumentaler Buddha Amida Nyorai auf Sockel und mit Aureole. Holz, über Schwarzlack vergoldet. Frühe Edo-Zeit, vor 1740

Im Meditationssitz, beide Hände im Meditationsgestus (jōin) im Schoß, wobei die Fingerhaltung typisch ist für den „Esoterischen Amida“. Auf einer großen Lotosblüte (renben) über einem Kissen mit shishi zwischen Päonien, das auf einem gestuften, runden Sockel mit Blütenblattkranz (kaeribana) und Staubgefäßen ruht. Hinter der Figur eingesteckt eine spitzbogige Mandorla, die mit sich einrollenden Wolken und einem Reliquiar (sharitō) beschnitzt ist.
Lange Inschrift auf der Rückseite in Rotlack:
奉...興本尊無量壽佛座後光元文五庚申奉十一月佛歓喜
悴?林山鎮護院栄根寺重興開祖檀蓮社...誉香品山上傘即生俊阿覚道大和尚
Sie enthält die Datierung Genbun 5 (1740), die Nennung des Tempels …rinzan Chingon’in Sanedera, und den Namen des Mönches Shun’a Kakudō Daiōsho. Im unteren Bereich weitere Inschriften. Lackabblätterungen an Sockel und Mandorla.
Gesamthöhe 223 cm; H der Figur 85,4 cm

Vorbild für diese Statue des Amida Nyorai waren die Heian-zeitlichen Buddhaskulpturen, beispielsweise der berühmte, fast drei Meter hohe goldene Amida Nyorai im Tempel Byōdoin in Nara aus dem Jahr 1053. Natürlich dienten nicht nur Physiognomie und Gewandung des Buddha sondern auch seine Körperproportionen, das Verhältnis von Figur zu Kopf- und Körper-Nimbus sowie Mandorla und der Aufbau des Sockels über die Jahrhunderte hinweg den buddhistischen Bildhauern (busshi) als Vorlage. Ein sehr ähnlicher, 104 cm hoher Amida Nyorai aus der frühen Edo-Zeit ist beispielsweise abgebildet in: T. Kuno, Edo butsuzō zuten, Tokyo 1994, S. 24.

Dieser Typus von Amida Nyorai war in der Edo-Zeit sehr verbreitet. Die mudra (Amida jōin) mit den angewinkelten Zeigefingern und sich berührenden Daumenspitzen, die zusammen einen Doppelkreis bilden, zeigt, dass Amida sich in der höchsten Stufe der Meditation befindet, die für Lebewesen möglich ist.

Der Aufbau des Sockels, bestehend aus gestufter Basis (kamachi-za), Blütenblattkranz (kaeribana), Scheibe aus Staubgefäßen (renniku), Kissen mit Darstellung eines Löwen (uwashikinasu) und die weitausladende Lotosblüte (renben), findet sich bei Skulpturen aus dem 17. Jahrhundert sehr häufig. In späterer Zeit sind die Sockel barocker, mehreckig, getreppt und enthalten architektonische Elemente wie Balustrade und juwelenförmige Pfostenbekrönungen.

Dieser monumentale Buddha ist auf zwei Photographien aus den 1930er-Jahren zu sehen, wo er vor einem über Eck aufgestellten sehr großen Lackschirm und zwischen einer neobarocken Vitrine und einem Schrank mit geschnitzten Türen platziert ist. Die Aufnahmen entstanden in den Schauräumen der Berliner Kunsthandlung Ernst Fritzsche (gegr. 1888), damals geführt von seinem Sohn Walter Fritzsche (1892-1973) in der Wilhelmstrasse 49, später 52. Dieses Ladenlokal wurde am 1. März 1943 durch Bombenangriff erheblich beschädigt und am 23. November 1943 gänzlich zerstört. Der Lagerkeller und offenbar auch dieser Buddha jedoch entgingen der Zerstörung, so dass Fritzsche mit der geretteten Ware einen Neuanfang planen konnte. Wann die Kunsthandlung in die Räume in der Leipzigerstrasse 13 umzog, ist nicht bekannt.

Fritzsche führte sein Geschäftslokal ¬ hier im Sowjetischen Sektor ¬ bis zur Enteignung durch den Magistrat von Großberlin (1950) weiter. Er wechselte dann in den Westteil der geteilten Stadt und eröffnete im Sommer 1952 ein neues Ladengeschäft in der Fasanenstraße 22. Hier dominierte der monumentale Buddha einen der Ausstellungsräume. Der „Kamakura-Buddha aus dem 16. Jahrhundert“ — so von der Firma bezeichnet — hatte einen Ehrenplatz und war unverkäuflich.

Als die Firma 1985, nun unter Leitung von Walter Fritzsches Enkelin Anita, an den Südwestkorso übersiedelte, zog auch der monumentale Buddha in die neuen Räume ein, wo er in einer Ecke des Hinterzimmers seine Aufstellung fand.

Literatur:
Patrizia Jirka-Schmitz, Ostasiatika-Händler in Berlin von 1933 bis 1945, in: Bianca Welzing-Bräutigam (Hrsg.) Spurensuche, Der Berliner Kunsthandel von 1933-1945 im Spiegel der Forschung, Berlin 2018, S. 56-60

Abb. 1 Blick in einen der Schauräume der Kunsthandlung Ernst Fritzsche in der Wilhelmstrasse, 1930er-Jahre

Abb. 2 Blick in einen der Schauräume der Kunsthandlung Ernst Fritzsche in der Fasanenstr. 22, 1950er-Jahre. Aus: Jubiläum bei China Fritzsche, in: Weltkunst, 1.11.1962, S. 19

Provenienz

Kunsthandlung Ernst Fritzsche Japan- u. Chinakunst, Berlin